Benutzerfreundliche Navigation
Der aufmerksame Leser der Webversion des Sudelbuchs wird gemerkt haben, dass ich dieses ausufernde Machwerk zurzeit neu gestalte. Der Fortschritt ist unaufhaltbar: eine neue Schreibmaschine lässt nun auch mich an den Segnungen modernen Webdesigns, wie z.B. Style Sheets teilnehmen. Und für einen alten LATEX-Spezialisten ist HTML ja Kinderkram.
Aber ich möchte hier nicht abschweifen, sondern auf den Punkt kommen. Ich mache mir Gedanken über eine benutzerfreundliche Navigation im Sudelbuch. Die meisten Websites sind alle nach dem gleichen Strickmuster gehäkelt. Buttons hier und Buttons da; durch all die animierten Gifs und ähnlichen Schnickschnack ist es im Web schwieriger auf die gewünschten Informationen zu stoßen als am Fahrkartenautomat die richtige Tastenkombination für den Übergangstarif herauszufinden. Oftmals kann man nur noch von Irreführung des Verbrauchers sprechen.
Nehmen wir doch mal eine der beliebten Porno-Sites: Da füllt sich der Bildschirm mit richtig geilen Previews unbeschreiblicher Stellungen und Tätigkeiten und überall steht riesig blinkend und leuchtend ›Total free‹ ›Free Pixxx‹ ›Free XXX-Videos ›Free Live-Sounds‹ etc. pp., und dann wenn man feuchten Händchens draufklickt, wollen die Name, Adresse, E-Mail und Kreditkartennummer haben. Die wirklich freien Kostproben pornografischer Sudeleien sind dagegen meist hinter unscheinbaren Text-Links verborgen.
Was lernen wir daraus? Zunächst einmal, dass man die Intelligenz des Users nicht überfordern darf. Da gehen Porno-Sites mit gutem Beispiel voran. Wo Titte drauf ist, ist auch Titte drin. Daran will ich mir jetzt ein Beispiel nehmen.
Nein, nein, keine voreilige Freude, das Sudelbuch wird nun kein Eldorado auskunftsscheuer Böcke, die sich in wirklich freiem Hardcore sudeln wollen. Ich dachte mehr an eine neuartige Button-Gestaltung, die es dem Leser erleichtert die Sudeleien zu finden, die ihn interessieren. Meine Überschriften sind doch zumeist völlig irreführend. So könnte z. B. der Kopf von Harald Schmidt auf besonders fiese Sudeleien hinweisen. Die Denkerstirn von Gerhard (= harter Speer) Schröder lässig mit Zigarre in der Hand führt auf eine Seite mit blauem Dunst. Westerwelles Antlitz linkt zum Blödsinn der Woche. Und wer auf Waigels Augenbrauen klickt, überweist mir online seinen letzten Monatslohn, bzw. das, was Waigel davon übrig gelassen hat. Ein schmaler Joschka-Fischer-Link führt zu Claudia Klingers Gesundheits-Tagebuch ›The Power of Now‹, über das natürliche Leben ohne Zigarette. Rita Süssmuths verschmitztes Grinsen führt zur Flugbereitschaft der Bundeswehr. Stoibers stählerner Blick zur Homepage von Amnesty International. Kinkels entschlossene Überflüssigkeit zu den gelöschten Sudeleien. Angela Dorothea Merkels devoter Blick auf die Atomlobby führt auf ganz abseitige Sudeleien. Rexrodt zu dem Bestseller ›Nieten in Nadelstreifen‹. Und Claudia Nolte zur Love Parade. – Solingen 11. Juli 1998