Ich habe fertig!
Das war zu viel! Die Nase gestrichen voll schmiss Oskar hin, nachdem ihn Schröder im Kabinett abgekanzelt hatte. Abkanzler Schröder, der gerade wieder die Leitlinien der Politik bei einer guten Zigarre mit Konzernbossen festgelegt hatte, schlug mit der Faust auf den Tisch, schimpfte und tobte und stellte ein für allemal klar, wer die Hosen anhat. Die Hosen brachten das Fass zum Überlaufen. Schröder hatte übertrieben, und nun ist ihm sein Finanzminister davongelaufen. Deja vu? Wie war das noch mit Stollmann? Aber Schröder weint Lafontaine wie seinen drei Ehefrauen keine Träne nach.
Der Abkanzler trat vor die Presse und sagte, dass ihn eine lange Phase der erfolgreichen Zusammenarbeit mit Oskar Lafontaine verbinde. Von Freundschaft sprach Schröder, so ehrlich ist er immerhin, in seinem kurzen Statement vor der Presse nicht. Und eine neue Schröder-Köpf steht auch schon vor der Tür: Die Neue von Schröder heißt Hans Eichel. Der Mann ist natürlich wie Doris nicht mehr ganz jungfräulich, ein gebrauchter Politiker in den besten Jahren, schuldlos vom Amt des hessischen Ministerpräsidenten geschieden und daher gerade arbeitslos. Also der rechte Mann zur rechten Zeit am rechten Ort, wie man dann später in den Geschichtsbüchern lesen wird. Eine andere mögliche Kandidatin für das Amt des Finanzministers, Frau Matthäus-Meier, die Finanzexpertin der SPD, kennt den verlotterten Haushalt, den Schröder übernommen hat und jetzt zu führen versucht, aus jahrelanger Erfahrung, so dass sie lieber nicht seine Haushälterin werden möchte.
Es ist ja auch nicht leicht, mit einem Ehemann zusammen zu hausen, der das mühsam zusammen gekratzte Haushaltsgeld hinten herum wieder großzügig an seine Zechkumpanen aus den Vorstandsetagen verteilt; der bereit ist, für die trügerische Liebe der Wirtschaft den Spargroschen der Familie aufs Spiel zu setzen.
Oskar Lafontaine hat einen Schlussstrich unter diese von Anfang an verkorkste Ehe mit Schröder gezogen. Einen dicken Strich. Die leichten Mädchen von der Börse freuen sich, die mürrische Alte ist fort, nun können sie es endlich mit Gerhard völlig hemmungslos treiben. Natürlich werden sich die anderen jetzt die Mäuler zerreißen und mit Fingern auf Schröders zeigen. Nein, Regieren macht wirklich keinen Spaß mehr.
Ach hätte Oskar doch das Temperament Trappatonis, dann hätte er uns vielleicht noch ein geflügeltes Wort für die Nachwelt mit auf den Weg gegeben: »Der Kanzler regiert wie Flasche leer! Ich habe fertig!«– Solingen 12. März 1999