Der Kampf um den heimischen Herd – Josef und Josef
Obwohl sie trotz ihrer eher atheistischen Grundhaltung beide diesen biblischen Vornamen tragen, gibt es ein paar kleine Unterschiede zwischen Josef Fischer und Josef Stalin. Stalin war noch Herr im Haus und als solcher von Verfolgungswahn befallen, weshalb er die Säuberung seiner Partei auch recht penibel durchführte. Josef (Joschka) Fischer dagegen hat zwar noch edle Hosen an, leidet jedoch anscheinend nicht unter der Angst aller Tyrannen vor dem Dolch eines Brutus. In seinem Falle ist nämlich alles ganz anders: hier wird die Partei von dem Wahn verfolgt, Fischer wäre der große böse Strippenzieher im Hintergrund, der die Partei entmachten wolle. Eine etwas abenteuerliche Vorstellung bei einer Partei, deren Machtbasis sich gerade wie unverbleites Benzin verflüchtigt, aber was will man machen bei Zwangsvorstellungen?
Die heiligen Partei-Penaten
Während Joschka Fischer sich in der Welt tummelt, in New York vor der Vollversammlung der Vereinten Nationen seine Antrittsrede hält und darin gleich wichtige Reformen fordert, hüten Antje und Gunda (the name is the message) die grüne Partei wie ihren heimischen Herd. Mit Händen und Klauen verteidigen sie ihr kostbares Porzellan gegen den grünen Elefanten, der zwar abgespeckt hat, aber dennoch in ihnen alle nur denkbaren patriarchalischen Ur-Ängste weckt. Gerade hatten es sich die beiden am wärmenden Quotenfeuer bequem gemacht, da kommt dieser – ja man muss es mit inniger Verachtung aussprechen – da kommt dieser Mann endlich in sein verwahrlostes Haus, reißt die Türen auf, um zu lüften, dass das heilige Herdfeuer im rauen Sturmwind bedenklich zu flackern beginnt, und will die Zeter und Mordio schreienden Weiber mit roher Gewalt von ihren heiligen Partei-Penaten vertreiben. Das musste ja misslingen, denn kaum hatte Fischer die beiden an ihrem langen Haarschopf gepackt und zur Türschwelle gezerrt, da krochen plötzlich aus allen Ecken die Hausfreunde hervor, die die lange Abwesenheit des Hausherrn genutzt hatten, um mit den Hüterinnen des heimischen Herds ihre gemeinsamen Wunden zu lecken. Fischer sah sofort, hier war alle Mühe umsonst, tätschelte das Haupthaar seiner Untergangsnornen und machte gute Miene zum bösen Spiel. Was so viel heißen will, wie Verstärkung holen. Grimmig lächelnd beruhigte er sich mit der Weisheit, lediglich eine Schlacht verloren zu haben, und ging wieder hinaus in die weite Welt.
Ballspielen verboten!
Glücklich darüber, den Quälgeist endlich wieder los zu sein, wendeten sich Antje und Gunda mit ihren Hausfreunden wieder ihrer Lieblingsbeschäftigung zu: dem Ballspiel, dessen religiöser Ursprung in das Solarzeitalter der Inkas zurückreicht. Man nehme einen Vorschlag, wie z. B. den einer Amnestie für Kleinkriminelle anlässlich des Jahrtausend-Crashs, werfe ihn in die Gesellschaft und schaue, ob ihn jemand auffängt und zurückspielt. Doch leider will die Gesellschaft im Moment nicht spielen und pfeffert die grünen Bälle den Spielern mit voller Wucht an die Birne zurück, dass ihnen eigentlich der Spaß am Ballspiel verloren gehen müsste. Doch wie das bei Kindern so ist: der Schmerz ist schnell vergessen und der Übermut siegt. Schade nur, dass diese nette Eigenschaft, die auch ein Herr Struck immer wieder zur Schau stellt, von den humorlosen Wählern nicht honoriert wird. Deshalb wollen einige Grüne ja auch schon raus aus der kinderfeindlichen Regierungsvilla, wo das Ballspielen verboten ist.
Sein oder nicht Sein oder Herkules im Augiasstall
Wie hieß es doch so schön in ›Apokalypse Now‹: In Vietnam wächst der Bockmist so hoch, dass man Flügel braucht. Nun, Joschka Fischer schwebt schon wieder über den Wolken und grübelt wie ein zweiter Hamlet. Soll er? Soll er nicht? Ist dieser Marathonmann vielleicht doch nicht zum Herkules geboren? Oder muss man heute, angesichts grüner Sachzwänge, auf die Selbstreinigungskräfte der Augiasställe vertrauen? – Solingen 24. September 1999