Es lebe die 43 Stundenwoche
Na bitte, es geht doch. Ohne große Probleme – denn vier Milliarden mit tätiger Hilfe der Deutschen Bank zu versenken, ist ja ein Kinderspiel – ohne große Probleme also gelingt es den Arbeitgebern die Arbeitszeitverkürzungen und Lohnerhöhungen der letzten Jahren wieder rückgängig zu machen. Freiwillig wollen die Bauarbeiter des Philipp Holzmann Konzerns für sechs Prozent weniger Lohn volle 43 Stunden in der Woche arbeiten. Es geht also wieder aufwärts mit Deutschland. Nur noch ein oder zwei Pleiten in dieser Größenordnung und deutsche Facharbeiter können wieder mit illegalen Arbeitskräften aus Osteuropa konkurrieren.
Natürlich weist man die unverschämte Forderung von Arbeitern und Angestellten, zusätzlich zu ihrem Arbeitsplatz auch noch Lohn oder Gehalt zu bekommen, nicht von heute auf morgen in die Schranken. Da bedurfte es schon des unermüdlichen und aufopferungsvollen Einsatzes von Vorstand und Aufsichtsrat. Die Deutsche Bank, als größter Anteilseigner von Holzmann, bringt Opfer natürlich gerne, werden die Peanuts, die sie verschleudert, doch in aller Regel nicht von den Anteilseignern der Deutschen Bank, sondern von Zulieferern und der Bundesanstalt für Arbeit bezahlt.
Doch der Dank gebührt nicht nur der Deutschen Bank allein. Auch die Arbeitnehmervertreter, die im Aufsichtsrat saßen, haben ihr Scherflein zu den 4 Milliarden beigesteuert. Wie heißt es doch so schön im Geschäftsbericht der Holzmann AG:
Der Aufsichtsrat hat während der Berichtszeit die Geschäftsführung des Vorstands überwacht und beratend begleitet. Anhand der turnusmäßigen Berichterstattung sowie unter anderem aufgrund gesonderter Informationsschreiben hat er sich eingehend über die Entwicklung des Unternehmens und alle wesentlichen Geschäftsvorfälle unterrichtet.
Alle Arbeiter und Angestellten sollten sich an den Holzmann-Leuten ein Beispiel nehmen. Wenn jeder Arbeitnehmer in Deutschland auf sechs Prozent seines Lohnes verzichten und dafür 43 Stunden arbeiten würde, könnten die Banken ihrerseits teilweise darauf verzichten, durch üppige Kredite ein Unternehmen nach dem anderen in die Pleite und die Arbeitnehmer in den Lohnverzicht zu treiben. Ich sage bewusst teilweise, denn so richtig Spaß macht das Kreditwesen erst dann, wenn die Kredite nicht mehr bedient werden können. Denn dann kann man sich die Erdnüsse sogar vergolden lassen, bevor man sie verputzt. – Solingen 22. November 1999