Die wertvollen Fremdsprachenkenntnisse der Stasi
Die Stasi kannte das pfälzische Lehnwort »Bimbes« schon zu einer Zeit, als die übrige deutsche Öffentlichkeit noch im Tal der Ahnungslosen weilte. Wie die Gauck-Behörde nun herausgefunden hat, wusste die Stasi durch abgehörte Telefongespräche schon in den 70er Jahren von den illegalen Machenschaften der CDU. Und in den Protokollen der fleißigen Lauscher wird auch Kohl mit einem interessanten Satz zitiert: »Haben wir noch irgendwo irgendwas beiseite geschafft?« Na also! Das ist doch, noch dazu von unbefangener Seite, der unumstößliche Beweis, dass Kohl uns nicht belogen hat und wirklich nichts von den Schweizer Konten gewusst hat. Jedenfalls war ihm in diesem Telefonat ganz offensichtlich die genaue Kontonummer und der aktuelle Kontostand gerade entfallen.
Mag Bimbes-Birne auch noch so ahnungslos gewesen sein, die Stasi war es nicht. Sie wusste von den illegalen Konten der CDU. Und es stellt sich die Frage, ob sie dieses Wissen genutzt hat. Wie sich überhaupt eine Menge Fragen stellen. Noch steht z. B. die Frage, ob Kohl bestechlich war, unbeantwortet im Raum, da gesellt sich schon eine zweite Frage hinzu: War Kohl erpressbar? Prinzipiell muss man diese Frage wohl mit Ja beantworten, denn wie wir heute sehen, war das Wissen um die Schweizer Nummernkonten durchaus geeignet, Kohl und die CDU arg in Bredouille zu bringen.
Ein gefundenes Fressen für alle Verschwörungstheoretiker. Spätestens morgen steht ganz sicher wieder eine Anzeige der Bodenreformopfer in allen Zeitungen, in denen das Wissen der Stasi mit der Haltung der CDU-Regierung zur Enteignung der Junker unter sowjetischer Besatzung in zwielichtige Beziehung gesetzt wird.
Der Kreis der Stasi-Mitarbeiter und SED-Parteigrößen, die von den Schwarzgeldkonten der CDU gewusst haben, dürfte nicht sehr groß gewesen sein. Und es war ein Wissen, das Gold wert war. Zur richtigen Zeit am richtigen Ort angewendet, konnte man damit sicher gut seinen Kopf aus der Schlinge ziehen. Alexander Schalck-Golodkowski fällt einem da unwillkürlich ein. Brauchte dieser Jemand Kohl nur eine simple Nummernfolge ins Ohr zu flüstern, um ihn auf Gefälligkeit zu programmieren? Eins steht jedenfalls fest. Zur Aufarbeitung der jüngeren deutschen Geschichte braucht es schon einen Inspektor Colombo unter unseren Historikern. – Solingen 29. März 2000