Schill-Out oder: die Ratten und der Rattenfänger von Hamburg
Ronald Barnabas Schill sagte diese Woche Dinge, die so unappetitlich waren, dass er davon sogar selbst Herpes bekam. Besonders schien ihn der Gedanke anzuekeln, dass der Regierende Bürgermeister Ole von Beust mit seinem Justizsenator Roger Kusch gelegentlich einen entspannenden Schill-Out genießen und Dinge tun soll, die, wie Schill sich poetisch ausdrückte, »auf Liebesakte schließen lassen«. Ole hat seinen Königsmacher jedenfalls rausgeschmissen, als dieser ihn mit einem Outing zur besten Sendezeit erpressen wollte. Richtig so, denkt die Nation, doch denkt sie wieder einmal zu kurz.
Leute wie Schill nennt der Volksmund gerne Rattenfänger und da Rattenfänger Ratten fangen, ist nicht der Rattenfänger, heiße er nun Schill oder Möllemann, Bossi oder Le Pen, das Problem, sondern die Ratten, die er fängt. Denn wenn die Rattenfänger von ihrem eigenen Gift Pickel oder Herpes bekommen und in ihrem eigenen Schmutz versinken oder wie Pim Fortyn von Leuten, die sie ernst nehmen, ermordet werden, so bleiben die Ratten allemal übrig. Aus diesem Grund bin ich auch der Meinung, dass der Begriff Rattenfänger ein völlig falsches Bild abgibt, denn ein Rattenfänger befreit uns gewöhnlich von der Rattenplage. Schill und die anderen Populisten tun jedoch genau das Gegenteil. Sie thronen wie überlebensgroße Rattenkönige inmitten ihres Rattenvolks, bis sie bei ihrem übermenschlichen Ringen täglich im Scheinwerferlicht zu glänzen an der untersten Schublade des schlechten Geschmacks angekommen sind, sodass sich selbst die Ratten peinlich berührt von ihnen abwenden.
Neuwahlen sind deshalb auch keine wirkliche Lösung für die Hamburger Geschmacklosigkeiten. Denn die Ratten, die Schill gefangen hat, werden ja wohl kaum aus schamvoller Selbsterkenntnis ihrer geistigen Verblödung sich selbst für unmündig erklären und bei künftigen Wahlen zu Hause bleiben. Ganz im Gegenteil: die 20 Prozent Hamburger Ratten stehen bestimmt wieder bereit, um dem nächsten Rattenfänger, den die Bildzeitung populär macht, willig zu folgen.
Die politische Kultur eines Landes zeigt sich nämlich leider darin, dass geistig demente Personen an Wahltagen freiwillig zu Hause bleiben. Da jedoch Leute wie Bärbel Schäfer dem asozialen Mob seit einigen Jahren eine fast unbegrenzte Redezeit im Fernsehen einräumen, glaubt mittlerweile jede Ratte, sie könne auch in der Politik mitreden. Und das ist fatal, denn die Demokratie funktioniert nur so lange, wie sich das gemeine Volk aus allem heraushält.
Jetzt werden aufgebrachte Leser aus Hamburg und anderen Populistennestern vielleicht einwenden, dass Schill seine Wähler doch gerade mit dem Versprechen geködert habe, die Straßen Hamburgs von Ratten und Schmeißfliegen zu säubern. Doch gerade daran erkennt man doch den Rattenfänger, dass er den Ratten verspricht, sie von den Ratten zu befreien. – 24. August 2003