Der Berliner Sklavenmarkt
Seit einigen Tagen treiben allerlei Sklavenhändler ihre Ware auf den Jahrmarkt des parteipolitischen Kalküls. Die lustige Fleischbeschau dient der Auswahl des ersten Dieners im Staate. Nun scheint Donna Angela mit ihrer Importware aus der neuen Welt den Zuschlag zur Lieferung des nächsten Bundespräsidenten bekommen zu haben.
Wie weiland in Rom, wo Sklavenhändler aus allen Himmelsrichtungen zusammenströmten, um Gladiatoren, Hausdiener und Hetären der vergnügungssüchtigen römischen Bevölkerung feilzubieten, geht es im Moment in Berlin zu. Da treiben Groß- und Einzelhändler auf den Markt, was sie nur zu bieten haben: allen voran die Patronin des größten Menschenhändlerrings Donna Angela, die am liebsten den Chef ihrer bajuwarischen Konkurrenz an die Bundesversammlung verschachert hätte, wenn sie seiner hätte habhaft werden können. Das misslang aber leider ebenso wie der Versuch, der FDP einen ausgedienten Kronprinzen anzudrehen. Ein Blick ins Maul der Ware genügte Westerwelle, um ihn der Patronin postwendend wieder zurückzuschicken. Eigentlich schade, denn Schäuble ist mit Abstand der repräsentativste Kandidat für das höchste Sklavenamt im Staate, denn wer könnte das heutige Deutschland besser verkörpern als er?
Westerwelles Ablehnung stand natürlich schon von vorne herein fest, immerhin hat er selbst einen ganzen Bauchladen voller Anwärter und Anwärterinnen auf den höchsten Sklavendienst im Lande, die er loswerden möchte. Und das ist schwierig genug, denn mehr als Ladenhüter, die seit Jahren nicht mehr in Mode sind, hat seine Firma nicht zu bieten.
SPD und Grüne, die ihre Ware auf dem Berliner Sklavenmarkt erst gar nicht ausstellten, sind ganz scharf auf eine Sklavin und streuen überall das Gerücht aus, dass eine priesterliche Dienerin dem zeremoniellen Amt zur Zierde gereichen würde. Nun sind leider Hetären im Gegensatz zu Megären Mangelware in der CDU, doch Donna Angela wäre nicht Patronin der größten Firma geworden, wenn sie nicht jederzeit eine Frau, und käme sie auch aus Germaniens Urwäldern, aus dem Hut zaubern könnte.
Das Volk verfolgt das Spektakel mit gelassener Langeweile, ihm bleibt die Qual der Wahl unter einem dieser Supersklaven zum Glück erspart. Wäre es anders, säße längst die Billigware von RTL im Schloss Bellevue und der Villa Hammerschmidt. Bisher ist das Volk mit seiner Rolle als Zuschauer im Circus der Eitelkeiten ganz zufrieden. Warum sollte es auch an die Wahlurnen strömen, um jemanden zu wählen, der genauso machtlos ist, wie es selbst? Doch kommen wir zurück zum Keifen der Marktweiber und dem Gebrüll der Marktschreier auf dem Sklavenmarkt von Berlin. In der heutigen Nacht konnte sich Donna Angela endlich mit ihrer Importware aus der neuen Welt gegen die anderen Händler durchsetzen. Köhler heißt also der künftige Bundessklave und war bis vor kurzem noch ein freier Mann an den wichtigsten Schalthebeln der Macht. Wie es Donna Angela gelang diesen kapitalen Hirsch zu fangen, bleibt ihr Geheimnis. Fortan wird man sie wohl zu den ganz Großen im Geschäft zählen müssen. – Solingen den 4. März 2004