Disneyland für Kreationisten
Wenn ich mir die Kreationisten so anschaue, dann frage ich mich, ob sie nicht vielleicht doch Recht haben und die Erde wirklich erst vor 6000 Jahren erschaffen wurde. Schließlich weist das Gehirn eines Kreationisten keinerlei Zeichen einer Millionen Jahre langen Evolution auf.
Die Großhirnrinde der Kreationisten kann höchstens auf eine evolutionäre Entwicklung von 2 Millionen Einhundertneunundachtzigtausend Neunhundertvierundneunzig Tagen zurückblicken — also auf 6000 Jahre minus 6 Tage, da bekanntlich am sechsten Tag der Mensch mit seinem Großhirn geschaffen wurde. Ich hoffe, ich habe die Schalttage richtig mit eingerechnet. Allerdings ist es schon faszinierend, zu welchen Leistungen ein solches Hirn fähig ist. Es kann intelligentes Leben täuschend echt nachbilden. In Hessen kann man damit sogar Kultusministerin werden.
Das Schlimme an den USA ist, dass Menschen mit solch erstaunlichen Großhirnrinden dort immer in Rudeln auftreten. Jetzt haben sich die Kreationisten in Kentucky sogar ihr eigenes Disneyland geschaffen, wo 6000 Jahre alte Dinosaurier der Spezie Tyrannosaurus Rex friedlich neben den Enkelkindern von Adam und Eva grasen: Schöpfungsmuseum nennen die Gotteskinder ihr Werk. Und es ist beileibe kein therapeutisches Projekt, mit dem man Patienten in einer geschlossenen Anstalt beschäftigt. Nein, es ist der ernst gemeinte Versuch, möglichst viele Amerikaner durch die bildhafte Darstellung der biblischen Schöpfungsgeschichte, in die man nach dem Erfolg von Jurassic Park nun auch noch die Dinosaurier integrieren muss, zu Kreationisten zu machen.
Wahrscheinlich muss man als halbwegs vernünftiger Mensch froh sein, dass die Kreationisten bisher bloß Vergnügungsparks und keine Umerziehungslager für notorische Darwinisten errichten. Was aber noch nicht ist, kann in den USA garantiert noch werden. In einem Land, in dem ein Vierjähriger, der seine Kindergärtnerin umarmt und dabei mit seiner Nase irgendwie in ihre Brüste geraten sein muss, wegen sexueller Belästung aus dem Kindergarten verwiesen wird, ist alles möglich. Leider wissen wir weder, wie groß die Brüste noch wie lang die Nase war. Wer aber Tristram Shandy gelesen hat, weiß, dass zumindest die Länge der Nase das Glück eines Menschen in dieser sublunaren Welt stark beeinflussen kann. In diesem Gottesstaat wandert ein 17-jähriger, der freiwilligen Oralverkehr mit einer 15-jährigen hatte, für 15 Jahre hinter Gittern. Er hätte sie lieber in Missionarsstellung schwängern sollen, denn das ist in den USA kein Verbrechen. Da kann der Biologielehrer, der von seinen Schülern im Sexualkundeunterricht verlangte, ein männliches Zeugungsglied an die Tafel zu malen, noch froh sein, dass er bloß vom Unterricht suspendiert wurde.
Seit der Erschaffung der Kreationisten vor 6000 Jahren haben diese alle Länder heimgesucht. Auch bei uns gibt es Kreationisten. Wer weiß, ob Karin Wolf, die hessische Kultusministerin, nicht schon dabei ist, Klassenfahrten zum Schöpfungsmuseum in die Lehrpläne zu schreiben.
Doch Kreationismus hin, Islamismus her: es gibt auch noch gute Nachrichten. So verzeichnet die evangelische Kirche in Deutschland einen dramatischen Mitgliederschwund. Aus Angst in völliger Bedeutungslosigkeit zu verschwinden, behauptet sie nun, dass der christliche Glaube eine Religion der Freiheit und der Vernunft sei. Ob dies der richtige Weg ist, neue Mitglieder zu finden? Die einzige Religion, die in Deutschland Zulauf hat, ist der Islam. Tja, und da ist die Assoziationskette zu Freiheit und Vernunft ziemlich lang. Bischof Huber sollte also lieber — wie weiland Calvin den Entdecker des Blutkreislaufes, Miguel Serveto, — einen Naturwissenschaftler, am besten einen Darwinisten, auf den Scheiterhaufen schicken. Gläubige lieben Menschenopfer! Eine Religion ohne Mord und Totschlag verdirbt dem letzten Gläubigen die Lust an der Gottesfurcht. — Freiheit und Vernunft! Die Protestanten sind echt am Ende!