Neues Betriebssystem für Deutschland
Wenn man mehr Geld für Anti-Virensoftware als für Anwendungen ausgibt, sollte man darüber nachdenken, das Betriebssystem zu wechseln. Der Zustand unseres Landes vor und nach der Bundestagswahl zeigt mit erschreckender Deutlichkeit, dass es an der Zeit ist, das Betriebssystem für Deutschland zu wechseln. Die Bundestagswahl hat uns in dieser Frage keinen Schritt weiter gebracht.
Wenn man Autofahrern 2500 Euro schenken muss, damit sie ein neues Auto kaufen, stimmt etwas mit den angebotenen Autos nicht. Entweder sind die Preise viel zu hoch, oder das Produkt entspricht nicht den Wünschen der Kunden. Subventionen für das Lieblingsspielzeug aller Deutschen? In einer intakten Marktwirtschaft dürfte dieser Fall gar nicht eintreten, weil in der Marktwirtschaft immer nur solche Produkte angeboten werden, die auch nachgefragt werden. Die Abwrackprämie war das Eingeständnis, dass die Marktwirtschaft nicht funktioniert. Sie wurde uns wie ein Virenscanner angepriesen, der das Übel, nämlich das unsichere Betriebssystem nicht behebt, sondern verewigt.
Die Säulenheiligen der Marktwirtschaft behaupten seit Jahrzehnten, dass nur die Marktwirtschaft Wohlstand für alle sichern kann, wobei sie stets das Scheitern des Sozialismus als Beweis für die Tauglichkeit der Marktwirtschaft ausgaben. Eine Beweisführung, die an die Mutter erinnert, die ihren Suppenkasper ermahnt, seinen Teller leer zu essen, weil in Afrika die Kinder hungern. In Wirklichkeit schafft die Marktwirtschaft keinen Wohlstand für alle. Die Zahlen sind unbestechlich. In den letzten 20 Jahren sind die Reichen immer reicher und die Armen immer ärmer geworden. Dieser Mangel des wirtschaftlichen Betriebssystems ist natürlich seit Jahrzehnten bekannt, weshalb man das Sozialsystem erfunden hat. Auch das Sozialsystem ist ein Virenscanner, der den Mangel nicht behebt, sondern lediglich beschönigt. In Wirklichkeit ist das Sozialsystem sogar noch viel schlimmer als ein Virenscanner, da es den Faktor Arbeit verteuert und damit die Wettbewerbsnachteile der Armen, die nichts anderes haben als ihre Arbeitskraft, gegenüber dem Kapitel sogar noch vergrößert. Die Folgen liegen auf der Hand. Die Arbeit wird, so gut es eben geht, abgeschafft, indem man Maschinen die Arbeit machen lässt oder die Arbeit in Länder exportiert, in denen noch kein Sozialsystem die Wettbewerbsvorteile der arbeitenden Bevölkerung zunichte gemacht hat. Dass ein so beschaffenes Sozialsystem sich in kürzester Zeit seine eigene Finanzierungsgrundlage entzieht, überrascht nicht wirklich.
Das größte Missverständnis der letzten Jahre ist die Annahme, dass die Finanzkrise ein Systemabsturz war, der von einigen unverantwortlichen Benutzern provoziert worden ist. Das Gegenteil ist der Fall. Die Finanzkrise ist der Beweis, dass der Kapitalismus funktioniert und zwar genau so funktioniert, wie es ihm seine Kritiker immer vorwerfen. Die Bankvorstände haben nicht versagt, jedenfalls nicht alle. In der Regel haben sie glänzende Arbeit geleistet. Sie haben konkurrierende Banken vom Markt gefegt, sie haben die Waffen, mit denen sie die Konkurrenz vernichtet haben, in Bad Banks ausgelagert, sie haben im großen Stil Eigentum der Gemeinschaft in Form von Staatshilfen an sich gerissen und sie haben die Notenbanken dazu gebracht, ihnen künftig zu noch günstigeren Konditionen Kapital zur Verfügung zu stellen. Wenn also ein Vorstand jemals seine Boni wert gewesen ist, dann jetzt! Die Politik tut ahnungslos und der Bürger ist es. Und solange der Unterschied zwischen einer Ware und dem Kapital nicht wirklich verstanden ist, so lange lässt sich das Betriebssystem unserer Wirtschaft nicht fixen.
Beim Rentensystem sieht es nicht besser aus. Das System ist broken by design, was man daran sehen kann, dass es in Zukunft nur noch dann funktionieren wird, wenn niemand mehr in Rente geht, sondern bis kurz vorm Koma arbeiten geht.
Das Rentensystem war immer nur unter zwei Annahmen funktionsfähig.
Es gibt viele junge Menschen, die den alten Menschen den Lebensabend finanzieren.
Die jungen Menschen finden Arbeit, um die Finanzierung aufbringen zu können.
Die letztere Annahme ist – der aufmerksame Leser wird es schon antizipiert haben – ein weiterer Angriff auf den Faktor Arbeit und verschlimmert die oben beschriebenen Wettbewerbsnachteile der arbeitenden Bevölkerung gegenüber dem Kapital erheblich. Die Arbeit soll nicht nur den Schaden heilen, den das Kapital angerichtet hat, es soll sich auch noch um die vom Kapital nicht mehr ausbeutbare alte Generation kümmern. Eine perfide Konstruktion, die von Anfang an zum Scheitern verurteilt war, aber dem Kapital immerhin einige Jahrzehnte eine ruhiggestellte Bevölkerung verschafft hat.
Mittlerweile sind jedoch beide Annahmen Schnee von gestern. Es gibt immer weniger junge Menschen und die, die noch da sind, finden immer weniger Arbeit vor, mit deren Hilfe sie die Finanzierung stemmen könnten.
Die Bundestagswahl war erwartungsgemäß eine Enttäuschung. Die Bevölkerung ist weit entfernt davon, zu erkennen, dass unser Betriebssystem durch und durch kaputt ist und ein weiterer Virenscanner die Probleme nicht löst, sondern bloß die wahren Ursachen des Übels verschleiert.