15 Prozent des BIP für Bildung

In den Wahlprogrammen aller etablierten Parteien wiederholt sich ein Satz: Wir wollen mehr Geld für die Bildung ausgeben! Jede dieser Parteien war schon einmal im Bund oder in einem Bundesland an der Macht – doch nirgends wurde wirklich mehr Geld für die Bildung ausgegeben. Im Gegenteil! Man hat den Eindruck, dass alle Reformbemühungen nur ein Ziel haben: Geld einzusparen. Ich habe deshalb beim Bundestag eine Petition eingereicht, in der ich den Bundestag darum ersuche, die Bildungsetats zu verdreifachen, damit künftig 15 % des Bruttoinlandsproduktes für die Bildung ausgegeben wird.

Bildung ist aber nicht umsonst zu haben. Und in einer Zeit, in der wir mehr Schulabgänger mit einer höheren Qualifikation benötigen, in der wir mehr Hochschulabsolventen brauchen, weil unser Leben immer anspruchsvoller wird, können wir uns eine Stagnation bei den Bildungsausgaben nicht leisten.

Vor 100 Jahren hatten ein Mensch mit einem Volksschulabschluss noch die Chance, sein Leben lang eine ordentlich bezahlte Arbeit zu finden. Vor 100 Jahren gab es noch zahlreiche Berufe für ungelernte Arbeiter, die ein bescheidenes Auskommen sicherten. Diese Jobs erledigen heute Maschinen und die einfachen Arbeiter von damals müssen heute hochqualifizierte Facharbeiter sein, um einen Job zu finden. Wo früher ein Hauptschulabschluss genügte, ist heute das Abitur gefragt. Und dafür müssen wir mehr Geld in die Hand nehmen!

Die Belastungen, die sich aus den gestiegenen Anforderungen ergeben, werden leider ausschließlich auf die Familien bzw. den einzelnen Schüler abgewälzt. Egal welchen sozialen oder kulturellen Hintergrund eine Familie hat – die Gesellschaft verlangt von ihr, dass sie ihre Kinder auf die gestiegenen Anforderungen vorbereitet und sie während der Schullaufbahn tatkräftig unterstützt. Das können viele Familien nicht leisten, und da sich Staat und Gesellschaft verweigern, die Familien bei dieser Aufgabe zu entlasten, ist unser Bildungssystem sozial ungerechter als viele andere Bildungssysteme in den Industrieländern. Es ist nicht allein das dreigliedrige Schulsystem, sondern der Mangel an individueller Förderung in der Schule, der dazu führt, dass viele Schüler den Anschluss verlieren. Gäbe es mehr Lehrer, die sich um die Schüler kümmerten, wäre die Schulform selbst absolut zweitrangig. Doch dafür brauchen wir mehr Geld!

Deshalb habe ich jetzt eine Petition an den Bundestag eingereicht, in der Hoffnung, dass möglichst viele mitzeichnen:

Text der Petition

»Der Deutsche Bundestag möge beschließen, die Bildungsausgaben in Deutschland innerhalb der nächsten Legislaturperiode zu verdreifachen und so künftig 15 % des Bruttoinlandsprodukts (statt 4,8 % im Jahre 2006) in die Bildung zu investieren. Der Deutsche Bundestag möge dazu gemeinsam mit den Bundesländern die finanziellen Grundlagen schaffen, indem der Bildung in der Haushaltsplanung höchste Priorität zugewiesen wird.«

Begründung

Dass die Zukunft unseres Landes und der persönliche Lebensweg jedes einzelnen Bürgers vom Bildungsniveau abhängt, ist in Deutschland fast schon zu einem Allgemeinplatz geworden. Die OECD-Studie »Bildung auf einen Blick 2009« hat die wirtschaftlich positiven Auswirkungen einer höheren Qualifizierung auf den Lebensweg des Einzelnen und die Entwicklung der Gesellschaft gerade erst wieder hervorgehoben. Unstrittig ist auch, dass wir in Deutschland unseren Lebensstandard nur halten können, wenn wir auch zukünftig zu den technologisch innovativsten Nationen gehören. Und schließlich sind auch die Herausforderungen der Zukunft, wie zum Beispiel der Klimawandel, nur durch technische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Innovationen – letztlich also nur durch ein höheres Bildungsniveau – zu bewältigen.

Obwohl über diese Punkte in Deutschland ein breiter Konsens herrscht, gab unser Land 2006 nur 4,8 % des Bruttoinlandsproduktes für die Bildung aus. Wir liegen damit im internationalen Vergleich ganz weit hinten. Von den industrialisierten Ländern geben nur noch Irland, Spanien, die Slowakische Republik und die Türkei weniger für die Bildung aus.

Die Reformen der letzten Jahrzehnte waren gekennzeichnet durch ideologische Richtungskämpfe, durch einen falsch verstandenen Föderalismus sowie durchgehend eine Politik der knappen Kassen. Insbesondere die Reformen der letzten Jahre (G8, Bologna) wurden mit dem Ziel verfolgt, Geld im Bildungssektor durch eine Verkürzung der Schulzeit und des Studiums einzusparen.

Die Geldnot im Bildungssektor wird mittlerweile als naturgegeben hingenommen und nicht als bewusste, politisch gewollte Ressourcenverknappung. Diese künstliche Verknappung von Ressourcen macht jedoch die Diskussion über Bildungspolitik wenig fruchtbar, da sie ideologische Gegensätze verschärft und die Bildung zu einem Objekt von Verteilungskämpfen macht. Das Ergebnis ist, dass die Akteure im Bildungswesen – Schüler, Eltern, Lehrer sowie die jeweiligen Schulformen – gegeneinander ausgespielt werden. Die Reformdiskussion ist daher längst zu einem finanziellen Verteilungskampf einzelner Interessensgruppen verkommen. Die letzten Jahrzehnte haben gezeigt, dass wir so unsere Zukunftschancen verspielen.

Es ist also Zeit grundsätzlich umzudenken, mit den ideologischen Graben- und finanziellen Verteilungskämpfen aufzuhören und spürbar mehr Geld in den Bildungssektor umzuschichten. Die Gleichung ist einfach: mehr Geld bedeutet mehr Lehrer, mehr Betreuung, mehr individuelle Unterstützung, bessere Schulen und damit – über alle Schulformen hinweg – eine insgesamt bessere Ausbildung. Es ist daher an der Zeit, umzusteuern und die Bildungsetats spürbar zu erhöhen.