Die vier Säulen der Piratenbildung (Teil 3) Hochschulen
Der Bologna-Prozess der vergangenen Jahren hat seine Ziele weitestgehend verfehlt. Die Verschulung des Studiums hat die Abbrecherquote erhöht. Aufgrund fehlender Masterstudienplätze können viele Studenten keinen Masterabschluss anstreben. Und Studiengebühren verstärken die soziale Auslese an den Universitäten erheblich.
Das Programm zur Hochschulbildung der Piratenpartei NRW will daher in erster Linie diese Missstände abstellen, um die Zahl der Hochschulabschlüsse in den nächsten Jahren deutlich zu erhöhen.
Keine wirtschaftliche Selektion von Studenten
Das Studium darf nicht zu einem Luxus für Vermögende verkommen. Deshalb müssen alle Studenten während ihres Studiums finanziell unterstützt werden. Die Piratenpartei NRW fordert daher
- die Abschaffung aller Studiengebühren und
- ein elternunabhängiges Bafög in existenzsichernder Höhe.
Damit soll verhindert werden, dass Studenten zur Finanzierung ihres Studiums oder ihres Lebensunterhalts neben dem Studium arbeiten müssen, da dies das Studium in die Länge zieht.
Das Bafög sollte überdies unabhängig vom Einkommen der Eltern allen Studenten gewährt werden, damit im Zweifelsfall die Kinder ihre Eltern nicht auf Unterhalt verklagen müssen.
Korrektur des Bologna-Prozesses
Der Bologna-Prozess sollte eigentlich dazu führen, dass Studienabschlüsse international vergleichbar werden. In Deutschland hat der Prozess jedoch zu einer Verschulung des Studiums mit rigiden Anwesenheitspflichten und einer Überlastung der Studenten geführt. Immer mehr Studenten haben daraufhin ihr Studium abgebrochen.
Dass der Bologna-Prozess korrigiert werden muss, ist mittlerweile selbst Befürwortern der Reform klargeworden. Die Piraten stehen dafür ein, diese Korrektur nach der Wahl entschlossen anzugehen und nicht weiter auf die lange Bank zu schieben. Dazu gehört auch, dass umfassende Humboldtsche Bildungsideal erneut zu verwirklichen.
»Bildung soll mehr als eine reine Ausbildung sein. Die absolute Verschulung der Studiengänge ist grundsätzlich abzulehnen. Es soll jedem Studenten wieder ermöglicht werden, ein Studium Generale durchzuführen. Wir werden die Universitäten wieder selbst festlegen lassen, wie lange ein Bachelor-Studium dauern soll.
Außerdem setzen die NRW-Piraten sich dafür ein, dass jeder Student nach qualifiziertem Abschluss seines Bachelors ein Anrecht auf einen Masterplatz hat.«1
Demokratisierung der Hochschulen
Von der Öffentlichkeit nahezu unbemerkt hat an deutschen Hochschulen eine fatale Entwicklung ihren Lauf genommen. Der öffentlichen Hand und den Angehörigen der Hochschulen wurde der Einfluss auf die Entwicklung der Universitäten mehr und mehr entzogen. Dazu heißt es im Wahlprogramm:
»Hochschulen sollen Körperschaften des öffentlichen Rechts sein, die sich selbst demokratisch verwalten. Die Hochschulen haben jedoch seit einiger Zeit kaum noch Einfluss auf ihre eigene Entwicklung.
Stattdessen entscheidet der Hochschulrat über die Belange der Universität. Nach aktueller Gesetzeslage soll sich der Hochschulrat zu mindestens 50% aus Externen und maximal zu 50% aus Hochschulmitgliedern zusammensetzen. Es ist aber auch möglich, den Hochschulrat komplett aus Externen zu bilden. In diesem Fall entscheiden häufig allein Führungskräfte der Wirtschaft über die Belange einer Universität. Für Studierende, immerhin die mit Abstand größte Gruppe an der Universität, ist dagegen keine Mitwirkungsmöglichkeit vorgesehen.«2
Die aktuelle Gesetzeslage macht es also möglich, dass Universitäten allein von den Interessen der Privatwirtschaft gelenkt werden. Das führt dazu, dass weder die Lehre noch die Forschung im Mittelpunkt des universitären Lebens stehen, sondern mehr und mehr die kurzfristigen Gewinninteressen großer Konzerne. Um dieser völlig falschen Entwicklung Einhalt zu gebieten, fordert die Piratenpartei NRW, den Hochschulrat abzuschaffen und demokratische Strukturen aufzubauen.
»Der Hochschulrat wählt unter anderem das Präsidium der Universität und kann so an den Entwicklungs- und Wirtschaftsplänen der Universität im eigenen Interesse mitbestimmen. Die NRW-Piraten streben die sofortige Abschaffung dieses undemokratischen Gremiums an, um die demokratischen Strukturen innerhalb der Universität wieder herzustellen. Weiterhin setzen wir uns für eine Änderung der Zusammensetzung der Senate der Universitäten ein. Aktuell stellen die Professoren an den meisten Universitäten mindestens 50% der stimmberechtigten Mitglieder des Senats. Die Studenten und die Mitarbeiter der Universität sind zumeist deutlich in der Minderheit. Ziel ist die Gleichberechtigung von Mitarbeitern, Studenten und Professoren. Jede der Gruppen sollte 1/3 der stimmberechtigten Mitglieder stellen dürfen, wobei die wissenschaftlichen und nicht wissenschaftlichen Mitarbeiter jeweils zur Hälfte vertreten sein sollten.
In einigen Bundesländern mit CDU-Regierungen wurden die verfassten Studierendenschaften stark eingeschränkt oder sogar komplett abgeschafft. Diesem Trend stellen sich die NRW-Piraten entschieden entgegen. Die verfasste Studierendenschaft ist als Interessenvertretung der Studenten unverzichtbar. Sie versetzt zudem die heranwachsenden Bürger unseres Landes in die Lage Demokratie zu erlernen, zu gestalten und aktiv zu erleben. Wir setzen uns deshalb für eine Erhaltung dieser demokratischen Strukturen ein.«3
Diese Forderungen klingen ungewohnt, wenn man bedenkt, dass es in der Hochschuldebatte in den letzten Jahren vordergründig nur um die Steigerung der Effizienz ging. Im Hintergrund sind jedoch Strukturen aufgebaut worden, die alles andere als demokratisch sind. Im Kielwasser der Bologna-Debatte gelang es der Privatwirtschaft, die Hochschulen mehr und mehr für ihre Zwecke zu instrumentalisieren. Dies will die Piratenpartei NRW korrigieren.
Die vier Säulen der Piratenbildung (Teil 4) Erwachsenenbildung
Literatur
NRW-Web:Wahlprogramm Landtagswahl NRW 2010 – Piratenwiki. 2010. Internet: http://wiki.piratenpartei.de/NRW-Web:Wahlprogramm_Landtagswahl_NRW_2010#Volksentscheid. Zuletzt geprüft am: 22.9.2014.
Fußnoten
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NRW-Web:Wahlprogramm Landtagswahl NRW 2010 – Piratenwiki. 2010. Internet: http://wiki.piratenpartei.de/NRW-Web:Wahlprogramm_Landtagswahl_NRW_2010#Volksentscheid. Zuletzt geprüft am: 22.9.2014. ↩︎
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Ebd. ↩︎
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Ebd. ↩︎