Die vier Säulen der Piratenbildung (Teil 4) Erwachsenenbildung
Beim 2. NRW-Landesparteitag 2010 wurden weitere Punkte zur Erwachsenenbildung im Wahlprogramm beschlossen. Die Piratenpartei NRW möchte das Schlagwort ›lebenslanges Lernen‹ endlich durch konkrete Maßnahmen mit Leben erfüllen.
Manchmal kann man bestimmte Schlagworte kaum noch hören. Das ›lebenslange Lernen‹ ist so ein Schlagwort, das von vielen Seiten gerne als Alleinheilmittel gegen eine Vielzahl von wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Problemen angepriesen wird. Es herrscht zwar keine Einigkeit darüber, was lebenslanges Lernen überhaupt sein soll, aber als Schlagwort klingt es immer gut. Für die einen erschöpft sich das lebenslange Lernen auf die unsäglich überflüssigen Computerfortbildungskurse der Arbeitsagenturen, in denen Arbeitslose geparkt werden, um die Arbeitslosenstatistik zu fälschen. Für die anderen ist das lebenslange Lernen ein selbstverständlicher Teil der persönlichen Selbstverwirklichung eines Menschen.
Die Piratenpartei hat einen sehr viel umfassenderen Begriff:
»Die Erwachsenenbildung ist ein weites Feld. Es reicht von Alphabetisierungskursen und Sprachkursen im Rahmen der Integration von Zuwanderern über die betriebliche Fortbildung und privatwirtschaftlichen Qualifizierungen bis hin zu einem Zweit- oder Drittstudium an Universitäten.«1
Dieses weite Feld zu beackern, ist nicht einfach. In jedem Bereich gilt es den besonderen Bedürfnissen gerecht zu werden. Die Piratenpartei hat trotzdem einige generelle Grundsätze aufgestellt.
Kostenloses, frei zugängliches Lernmaterial
Die Bereitstellung von Lernmaterial unter freien Lizenzen hätte in allen Bereichen positive Auswirkung. Leider gibt es in dieser Hinsicht in NRW noch keine nennenswerten Bemühungen. Im Wahlprogramm heißt es dazu:
»Die Landesregierung sollte den Aufbau von frei zugänglichem Lehr- und Unterrichtsmaterialien in diesen Bereichen finanziell fördern, um den Zugang zu Bildung zu vereinfachen.
Die NRW-Piraten sehen die Bundesregierung und die Landesregierungen in der Pflicht, lebenslanges Lernen durch Bereitstellung von kostenfrei zugänglichem Lehrmaterial für Standardabschlüsse, beziehungsweise Zertifizierungen und dem Angebot von modularen Prüfungen zu fördern.
Die Materialien sind gleichzeitig als Ergänzung zum Schulunterricht für Schüler nutzbar. Die NRW-Piraten unterstützen außerdem den Ausbau und die Förderung von ›Open Education‹ und ›Open Content‹-Projekten (›Offene Bildung‹), bei denen Bildungsinhalte kostenlos allgemein verfügbar gemacht werden.«2
Niedrige Einstiegshürden und größere Fehlertoleranz
Bei staatlich geförderten Fortbildungs- und Umschulungsmaßnahmen gilt oftmals der Grundsatz, jedem Bewerber nur eine Chance zu geben. Der Erfolg für den Einzelnen und damit auch für die Gesellschaft hängt dann davon ab, wie gut der Bewerber beraten wurde und wie gut der Bewerber seine private Situation und seine Neigungen und Fähigkeiten einschätzen kann. Wurde die falsche Entscheidung getroffen, gibt es keine zweite Chance. Dies will die Piratenpartei NRW ändern:
»Die NRW-Piraten sehen einen wesentlichen Aspekt für eine Steigerung der allgemeinen Bildung in der Fehlertoleranz von Bildungssystemen: Personen in einer finanziell angespannten Lage müssen ebenfalls die Möglichkeit haben, Fehler zu machen beziehungsweise Fehlentscheidungen zu treffen. Systeme, die nur ›eine Chance für alle‹ bieten, bestrafen gerade diejenigen, die sich zusätzliche Kurse oder Prüfungen nicht leisten können.«3
Die Einstiegshürden in Aus-, Fort- und Weiterbildungsmaßnahme sind oftmals zu hoch, weil die Dauer der Maßnahme zu lang oder der zeitliche Aufwand pro Woche zu hoch sind. Damit gehen zudem oft hohe Kosten einher. Die Piratenpartei NRW möchte hier durch eine Modularisierung des Angebots die Einstiegshürden senken.
»Die Erwachsenenbildung der Zukunft wird sich auszeichnen müssen durch einen nahezu formlosen Zugang zu öffentlichen und öffentlich anerkannten kostenfreien, außerschulischen Lernprogrammen mit geringen Prüfungskosten. Modulare Zertifizierungen erlauben dabei ein “Sammeln” von Einzelzertifikaten, die letztlich zu einem Abschluss zusammengefasst werden können, auch über einen vergleichsweise langen Zeitraum. In der Folge ergeben sich flexible Anpassungsmöglichkeiten an die individuellen Lebensumstände, sowie eine Motivation zur Steigerung der Bildung quer durch die Bevölkerung.
Die Notwendigkeit einer Anmeldung mit langfristigen Verpflichtungen, beziehungsweise Kosten über Jahre hinweg, entfällt somit. Dies kommt zum Beispiel den Lebensrealitäten von Familien, prekär Beschäftigten, Kurzarbeitern oder Erkrankten entgegen. Dennoch werden ihnen Möglichkeiten eröffnet, die erworbenen Fähigkeiten und Kenntnisse entsprechend zu zertifizieren. Generell sind dabei Prüfungen, die sich an einen Kurs anschließen, auch für Selbstlerner offen«4
Stärkere Vernetzung
Mit Hilfe einer besseren Vernetzung der bisher oft insulär arbeitenden Bildungsinstitutionen soll zudem eine Qualitätsverbesserung erzielt werden.
»Die Piratenpartei regt daher an, parallel zu den existierenden privatwirtschaftlich geführten Bildungsunternehmen und Initiativen das System der Volkshochschulen durch den Ausbau zertifizierter Fortbildungsmöglichkeiten zu stärken. Dazu sollen die Volkshochschulen noch effizienter als bisher in unsere Bildungslandschaft integriert werden durch die Einführung von Summerschools, Kursen und Curricula in Kooperation mit den Berufsakademien, Fachhochschulen und Universitäten. Hierzu unerlässlich ist die Bereitstellung von Online-Werkzeugen, die ein orts- und zeitunabhängiges Lernen fördern und ermöglichen. Angeregt wird daher die staatlich finanzierte, bzw. staatlich geförderte Bereitstellung von Lernplattformen zum Blended Learning als flankierende Maßnahme.«5
Literatur
NRW-Web:Wahlprogramm Landtagswahl NRW 2010 – Piratenwiki. 2010. Internet: http://wiki.piratenpartei.de/NRW-Web:Wahlprogramm_Landtagswahl_NRW_2010#Volksentscheid. Zuletzt geprüft am: 22.9.2014.