Eins, zwei, drei – schuldenfrei
Schulden sind virtueller Reichtum. Wenn der Schuldner seine Schulden nicht zurückzahlen kann, bleiben sie auch für den Gläubiger bloß rote Zahlen. Er muss die Schulden abschreiben; der virtuelle Reichtum verschwindet dahin, wo er hergekommen ist: ins Nichts.
Es wird im Zahlungsausfall nämlich offensichtlich, dass der Gläubiger gar keinen Reichtum besitzt und im Falle einer Bank auch nie besessen hat. Denn Banken schaffen Geld aus dem Nichts. Das System der Zentralbanken, das sich weltweit durchgesetzt hat, funktioniert nach dem Schneeballsystem. Die Zentralbank erzeugt den virtuellen Reichtum, indem es Kapital an die Geschäftsbanken verleiht. Diese wiederum verleihen nicht nur dieses Geld weiter, sondern ein Mehrfaches der Summe, die sie selbst von der Zentralbank geliehen haben. Dies führt einerseits zu Inflation, da immer mehr Geld in Umlauf kommt, andererseits zu einer immer größeren Verschuldung. Unvermeidlich entsteht eine Schuldenblasen, die irgendwann platzt. Das ist der Moment, in dem alle erkennen, dass ihr Reichtum bloß virtuell war.
Denn der virtuelle Reichtum existiert nur, wenn man annimmt, der Schuldner zahle seine Schulden an den Gläubiger zurück. Eine gewagte Annahme, die zudem nie wirklich aufgehen kann, da nie genügend Geld im Umlauf ist, um alle Schulden mit Zinsen zurückzuzahlen. Wenn die Schulden aber in der Schuldenblase ins Unermessliche steigen, wird die Annahme, sie würden jemals zurückgezahlt endgültig unglaubwürdig und die Blase platzt. Selbst dann wenn die Schulden wie im Falle von Immobilienkrediten durch Eigentum scheinbar gedeckt sind, wird der Reichtum nicht realer. Denn wenn alle Häuser auf einmal zwangsversteigert werden, sinkt ihr monetärer Wert ins Bodenlose.
Wenn schon die Schulden des Schuldners für den Gläubiger bloß einen virtuellen Reichtum darstellen, da er sie nur bedingt eintreiben kann, sollten die Zwangsversteigerungen zunehmen, so lösen sich die Schulden eines Staates vollends in Luft auf, wenn es zu einer wirklichen Krise kommt. Das klingt überraschend, da man gemeinhin annimmt, ein Staat habe gewisse Sicherheiten, über die ein Privatmann nicht verfügt. So meinten einige deutsche Politiker, Griechenland könne ja ein paar seiner Inseln verkaufen, um weiterhin in der Lage zu sein, seinen Schuldendienst zu verrichten. Wenn der Staat dies nun aber nicht tun will, wenn die Menschen, die den Staat bilden, ihr Gemeinschaftseigentum nicht verkaufen wollen, dann gehen die Schuldner leer aus. Denn ihre Druckmittel werden in einer Krise immer begrenzter. Wenn alle Staaten hoch verschuldet sind, verlieren die Folterwerkzeuge, die man – wie eine herabgestufte Kreditwürdigkeit – gegen einzelne Staaten noch erfolgreich in Stellung bringen konnte, ihren Schrecken.
Und wenn die Menschen auf diesem Planeten erst einmal erkannt haben, dass die Schulden, von denen sie bedrückt werden, aus dem Nichts geschaffen wurden, dann wird man sie auch irgendwann mit einem Federstrich für nichtig erklären. Natürlich wird dann das weltweite Finanzsystem zusammenbrechen und die Banken werden Zeter und Mordio schreien. Doch Währungsreformen sind in der Geschichte der Menschheit eher die Regel als die Ausnahme.
Reichtum wird nicht aus dem Nichts, sondern durch Arbeit geschaffen, Arbeit, die Menschen und Maschinen leisten. Der Schuldenberg, den die Banken durch die Schaffung von Reichtum aus dem Nichts auf den Schultern aller aufgetürmt haben, ist ebenso nichtig, wie das Gewinnversprechen in einem Kettenbriefsystem. Was wir brauchen, um Wohlstand zu schaffen, ist die Fähigkeit zu arbeiten und damit wahren Reichtum zu schaffen. Und Arbeitskraft schafft man durch Bildung. Denn man muss eine Ausbildung haben, um durch eigene Arbeit Werte zu schaffen oder um Maschinen zu konstruieren, die diese Arbeit erledigen. Banken und Kredite braucht niemand. Alles was wir brauchen, ist ein System der Wohlstandsverteilung, das funktioniert. Das sozialistische Verteilungssystem hat nachweislich versagt. Das kapitalistische System der monetären Schuldenwirtschaft versagt gerade vor unseren Augen. Es ist daher an der Zeit, ein neues System zu benutzen, um den Wohlstand, den wir durch die Summe unserer menschlichen und maschinellen Arbeit erzeugen, angemessen zu verteilen. Ich neige hier zu einem System, das sehr nah an der freien Marktwirtschaft bleibt, möglichst selbstorganisierend ist, aber ausschließlich echte Arbeitsleistung entlohnt. Die Arbeitleistung von Maschinen sollte dabei der Gemeinschaft zugute kommen und zur sozialen Sicherung genutzt werden. Die Entlohnung von Menschen könnte auf dem Zeitprinzip aufbauen. Da die Arbeitszeit unsere freie Lebenszeit beschneidet, sollte sie entlohnt werden – zum Beispiel indem sie wir uns durch sie ein Anrecht auf die Arbeitsleistung anderer Menschen erwerben. Wenn ich eine Stunde arbeite, erwerbe ich das Anrecht, die Leistung einer Arbeitsstunde, die von anderen erbracht wird, zu konsumieren. Der Wert, den die anderen meiner Arbeitsstunde zumessen, erhöht dann die Kompensation. Wird meine Arbeit geschätzt und dringend benötigt, erwerbe ich unter Umständen mit einer Stunde Arbeit das Anrecht, zwei Stunden Arbeit anderer zu konsumieren. Besonders erfolgreiche Menschen wie zum Beispiel Künstler, die ihre Werke millionenfach verkaufen, werden Millionen Arbeitsstunden verdienen. Ich will keine Welt, in der alle das Gleiche bekommen – eine solche Welt ist ebenso unrealistisch, wie der Gedanke, die heutigen Schulden der Staaten würden jemals zurückgezahlt werden. Alles, was ich will, ist, dass wir damit aufhören, virtuellen Reichtum und virtuelle Schulden aus dem Nichts zu produzieren, die uns daran hindern, die wirklich wichtigen Dinge zu tun.
Wenn wir das erkennen, werden unsere Schulden von einem Tag auf den anderen getilgt sein. Dem virtuellen Reichtum stehen virtuelle Schulden gegenüber – beide heben sich gegenseitig auf.