Wenn man eine Liste erstellen wollte, welche Berührungspunkte man in seinem bisherigen Leben mit den USA hatte, käme man zu keinem Ende.
Seit unserer Kindheit haben wir amerikanische Filme und Serien geschaut.
Wir wurden täglich mit Nachrichten aus oder über die USA gefüttert.
Wir sind durchtränkt mit amerikanischen Bildern, Tönen und Texten, die uns die Kulturindustrie frei Haus geliefert hat.
Freunde und Bekannte, oder sogar man selbst, haben die USA besucht, haben an einer der verherrlichten Elite-Universitäten studiert oder sogar im Land der unbegrenzten Möglichkeiten gearbeitet.
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Die Sprachpolizisten, die von der EVP und anderen populistischen Parteien an die geräumigen Lobbytröge des EU-Parlaments abgeordnet wurden, haben in ihrer Futterkrippe beantragt, dass vegane Wurst und vegane Burger nicht mehr Wurst und Burger genannt werden sollen.
Nur noch Wurst aus tierischen Leichenteilen soll Wurst heißen dürfen und zwar, wie sie nicht müde werden zu betonen, aus Wertschätzung für die Landwirtschaft.
Als wenn vegane Wurst nicht aus landwirtschaftlichen Erzeugnissen gemacht würde!
Wären die Antragsteller ehrlich, würden sie ihr Sprachverbot mit der Wertschättzung für Tiermäster und die Hersteller von pharmazeutischen Produkten für die Massentierhaltung begründen.
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Über Robert Habeck werden die öffentlich-rechtlichen Medien in den nächsten Monaten viel Häme ausschütten, während ihn die Springer-Presse wohl ignorieren wird.
Denn Bild-Lesern müsste man erst einmal erklären, was das Berliner Ensemble überhaupt ist.
Der Grund für den Hass der Medien auf Habeck ist offensichtlich.
Er hat den Spieß umgedreht und veranstaltet eine Talkshow im Berliner Ensemble.
Zur Premiere lud er ausgerechnet Volker Wissing und Anne Will ein, die Grande Dame der TV-Talkshows, in denen Rechtspopulisten seit Jahren ein- und ausgehen.
Und mit Volker Wissing lud Habeck einen ehemaligen Ministerkollegen ein, der erst dann aus der FDP austrat, als diese die Ampelregierung erfolgreich zerstört hatte.
Man könnte dies als Ironie lesen, wenn man wollte.
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Die Beihilfe zu einem Völkermord zieht nicht den Schlussstrich unter die Shoa.
Sie radiert das “Nie wieder!” auf dem deutschen Schuldschein aus und setzt neue, untilgbare Schuld hinzu.
Der regierende Kriegsverbrecher in Israel rief heute Nacht den Ausnahmezustand aus, nachdem er einen Präventivschlag gegen den Iran befohlen hatte.
Sinn und Zweck eines Präventivschlags ist es, dem Gegner zuvorzukommen.
Wer die Politik Netanjahus verfolgt, kann allerdings zu dem Schluss kommen, dass die Ausrufung des Ausnahmezustands der eigentliche Präventivschlag war, dass also Netanjahu Leuten zuvorkommen wollte, die seinem Krieg gegen die Menschen in Gaza nicht mehr folgen wollen.
Wer, wenn nicht die Menschen in Israel, sollte zwischen einer Geiselbefreiungsaktion und einem Genozid unterscheiden können?
Die israelische Armee kennt jedenfalls ganz gewiss den Unterschied zwischen militärischen Zielen und dem, was gerade in Gaza passiert, wo wehrlose Menschen von Norden nach Süden und wieder zurück gejagt werden.
Netanjahu braucht einen neuen Feind, nachdem in Gaza keine Terroristen, sondern bloß noch hungernde Menschen von israelischen Soldaten getötet werden.
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Da saßen wir letzte Woche vor der Glotze und ließen die krause Geschichte des Krimis ›Mord in Wien‹ an uns vorbeirauschen, als meine Frau plötzlich empört zusammenzuckte.
Die Heldin der Geschichte eine proletarische Ermittlerin aus der Abteilung Innere Ermittlung hatte gerade eine Frau mit mehreren Schüssen erschossen, obwohl diese bereits nach dem ersten Schuss dabei war, wehrlos zusammenzubrechen.
Auf das erschütterte “Warum?” meiner Frau antwortete ich ebenfalls ziemlich entgeistert: “Sie wollte wohl auf Nummer Sicher gehen.”
Nun wird der Tod des Bösewichts im Film in aller Regel emotional so gut vorbereitet, dass dem Zuschauer bei der Illusion solch ausgleichender Gerechtigkeit einer abgeht.
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T-Mobile, die US-Tochter der Deutschen Telekom, stampft auf Druck von Trump ihre Initiativen für Diversität, Gleichberechtigung und Inklusion (DEI) ein.
Eine gute Entscheidung.
Denn einen Tag nach dem Kotau vor Trump genehmigte die gleichgeschaltete Federal Communications Commission – ein Pendat unserer Bundesnetzagentur – die Übernahme des Kabelnetzbetreibers Lumos durch das auf Linie gebrachte deutsche Unternehmen.
Damit beweist eine weitere Firma in den USA, dass immer noch gilt: erst kommt das Fressen, dann die Moral.
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Auch wenn es weh tut.
Wir sollten uns diesmal hinter Robert Habeck versammeln und der Partei Bündnis 90 / Die Grünen das bestmögliche Wahlergebnis verschaffen.
Alle Alternativen sind dystopisch und werfen uns im Kampf für eine gerechte und ökologische Welt um Jahrzehnte zurück.
Mit einem Wahlsieg der Grünen bei vorgezogenen Neuwahlen wird weder der Kommunismus heraufziehen, noch sofort das klimaneutrale Paradies über uns kommen.
Aber wir haben nicht nur das Schlimmste verhindert, wir machen damit auch konkrete Fortschritte möglich.
Warum?
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Meine Spanischlehrerin war das letzte Mal im Unterricht mehrfach den Tränen nah; aber nicht weil mit Trump ein misogyner Vergewaltiger, gewissenloser Betrüger und alternder Soziopath erneut den Oberbefehl über das größte Waffenarsenal der Geschichte bekommen hat. Sie litt mit den Menschen in der Region Valencia, die in den Fluten alles verloren haben.
Sie erzählte uns unter anderem die Vorgeschichte zu den Schlammwürfen der Bevölkerung auf Ministerpräsident Pedro Sánchez, Regionalpräsident Carlos Mazón Paiporta sowie König Felipe und Königin Letizia.
Die Menge war wütend, weil die staatlich organisierten Hilfsmaßnahmen immer noch nicht richtig angelaufen waren.
Dazu muss man wissen, dass Sánchez und Paiporta aus unterschiedlichen Parteien kommen und sich spinnefeind sind.
Sánchez habe sich geweigert, den Notstand auszurufen, und Paiporta wollte partout nicht die verhasste Regierung in Madrid um Hilfe bitten.
Und so passierte erst einmal nichts.
Ob die Geschichte der Wahrheit entspricht, weiß ich nicht, aber in Zeiten des politischen Verfalls ist sie so glaubwürdig wie nur je eine Geschichte sein kann.
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Gestern sah ich die Dokumentation Die Selfie-Story – Vom Selbstporträt zur Ego-Sucht, die seit August in der ZDF-Mediathek verfügbar ist.
Der Film schweift in typischer TV-Manier um das Thema herum.
In ziemlicher Beliebigkeit wird eine Fotografin, die sich selbst in künstlerischer Verfremdung fotografiert, neben einen Unternehmer gestellt, der der Selfie-Generation passende Kulissen vermietet.
Sowohl das eine, der Versuch, einen Massentrend künstlerisch zu verarbeiten, als auch das andere, die Vermarktung des Trends, sind typische Phänomene der Kulturindustrie.
Man könnte sagen, die Beispiele seien nicht der Rede wert, wenn sie nicht eher unhistorisch auf das Selbstporträt als künstlerisches Sujet der Kunstgeschichte seit der Renaissance projiziert würden.
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Die Faschisten sind in Thüringen stärkste und in Sachsen zweitstärkste Kraft geworden.
In beiden Ländern wurde die fremdenfeindliche CDU zweitstärkste Partei.
Der Schaden, den diese Wahl anrichtet, könnte kaum größer sein.
Jeder, der nicht in das völkische Weltbild der AfD passt, wird ab heute auf gepackten Koffern schlafen.
Denn auch, wenn die AfD ihre Vertreibungsphantasien nicht sofort in die Tat umsetzen kann, die rechten Mordbanden werden den Wählerauftrag exekutieren.
Gewalt führt zum Ziel
In seinem ›Traktat über die Gewalt‹ schreibt der Soziologe und Philosoph Wolfgang Sofsky: »Keine Sprache ist von größerer Überzeugungskraft als die Sprache der Gewalt.«
Der Erfolg des Rechtsextremismus in Deutschland ist das Resultat der längsten Mordserie in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland.
Sie begann Jahrzehnte vor der Wiedervereinigung, geriet aber erst mit den zynisch als Baseballschlägerjahre bezeichneten Pogromen in Ostdeutschland kurz in den Fokus der Berichterstattung.
Die Morde der Rechtsextremen verschwanden aber schnell wieder aus den Schlagzeilen.
Man verschloss die Augen.
Als der NSU mordend durch die Republik zog, sahen Polizei und Medien bloß Morde im Milieu und Streitigkeiten unter Ausländern.
Und als die Mordserie mit Walter Lübcke die bürgerlichen Parteien erreichte, waren AfD-Politiker längst Stammgäste in politischen Talkshows.
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Die Anstalt vom 11. Juni 2024 widmete sich dem Rechtsruck in der EU.
Die Sendung sollte man gesehen haben, da die Satiriker wieder einmal die Arbeit der Journalisten machten.
Es ging um den Rechtsruck in Europa.
Es ging um die Werte der EU, die Menschenrechte, die Erweiterungspolitik und die Flüchtlingspolitik.
Dabei drängte sich mir folgendes Fazit auf.
Die EU, vertreten durch Ursula von der Leyen, bezahlt Auftragsmörder in Nordafrika dafür, Menschen, die man in Europa nicht haben will, in der Wüste auszusetzen, damit sie dort qualvoll verdursten.
Auf den Rechnungen, die die gedungenen Regime dafür ausstellen, werden die Ermordeten natürlich nicht aufgeführt, weder einzeln noch en gros.
Dort ist nur von Wirtschaftshilfe und Grenzschutzmaßnahmen die Rede.
Die Weste Europas bleibt makellos.
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Xi Jinping schlägt in seinen Reden gerne einen großen historischen Bogen von der Mitte des 19. Jahrhunderts bis in die Mitte des unsrigen.
Was ist in dieser Zeit passiert?
Bis ins Jahr 1820 war China eine Exportnation, die einen Handelbilanzüberschuss verbuchen konnte; England dagegen wies im Handel mit China ein Defizit von jährlich 20 Millionen Pfund auf.
Um das zu ändern und sich das Land unter den Nagel zu reißen, begann die britische East India Company damit, das chinesische Volk mit Opium zu vergiften.
China wehrte sich vergeblich gegen die staatlichen Drogendealer und verlor zwei sogenannte Opiumkriege.
Von allen Seiten fielen imperialistische Mächte über das Land her und begannen seine Rohstoffe auszubeuten.
Die USA, die das Rennen um einen Claim in China verpasst hatten, forderten eine »Politik der offenen Tür«; sie schlugen ein ›Freihandelsabkommen‹ vor, das allen Mächten den freien Zugang zu China ermöglichen sollte.
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Prepper, schreibt Wikipedia, sind Personen, die sich mittels individueller Maßnahmen auf verschiedene Arten von Katastrophen vorbereiten.
Damit formuliert das Online-Lexikon den Grundwiderspruch der Prepper, ihre irrationale Rationalität, im ersten Satz.
Nichts ist rationaler, als sich auf Katastrophen vorzubereiten; und nichts irrationaler, als den Katastrophenschutz dem Individuum zu überlassen.
Der Prepper ist die Kehrseite des Serial Entrepreneurs, wie jener eine Ausgeburt der neoliberalen Ideologie, dass jeder seines Glückes Schmied ist.
Der Bunker im Garten ist die Startup-Loft des Preppers, so wie das Erfolgs-Coaching des Gründers der Selbstverteidigungskurs des Preppers ist.
Der erfolgsorientierte Selbstoptimierer ist der Zwilling des pedantischen Preppers, beides Kinder der Globalisierung, in der nichts anderes zählt, als länger zu überleben als der andere.
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Wenn ich als Kind mein Bonbonpapier einfach auf die Straße geworfen hätte, was ich so gut wie nie tat, wäre meine Mutter zu mir gekommen und hätte mich ermahnt: »Wenn das jeder täte…!«
Ich weiß nicht, ob bereits der Knabe die Weisheit in diesen Worten begriff, oder ob er von sich aus lieber einen Mülleimer suchte.
Müll auf der Straße oder schlimmer noch in der Landschaft war mir immer schon zuwider.
Meine Phantasie war auch in früher Kindheit so weit ausgeprägt, dass ich mir durchaus vorstellen konnte, wie die Welt aussähe, wenn jeder sein Bonbonpapier auf die Straße fallen lassen würde.
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Ich lese gerade Xi Jinpings Bericht auf dem XIX Parteitag der KP Chinas aus dem Jahr 2017.
Der Bericht eines Generalsekretärs auf dem Parteitag der KP ist vergleichbar mit einer Regierungserklärung bei uns.
Die Rede ist lang und ich bin froh, dass ich nach der Lektüre seiner kürzeren Reden in Band I und II von “China regieren” den Stil solcher Texte bereits kenne.
Ich will die Rede hier nicht im Einzelnen vorstellen.
Dazu ist sie zu lang.
Vor allem fehlt uns der Kontext, um ihre Feinheiten, auf die es bekanntlich immer am meisten ankommt, zu verstehen.
Wer das oben verlinkte PDF lesen will, kann aber auf Adjektive wie grundlegend, tiefgehend und umfassend achten und darauf, wo sie fehlen.
An diesen Adjektiven dürfte der Stand der Umsetzung des jeweiligen Vorhabens abzulesen sein.
Einiges ist grundlegend eingeführt, anderes tiefgehend reformiert und wieder anderes umfassend realisiert worden.
Bei uns gibt es ähnliche Redewendungen.
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In der Volksrepublik China wurden in diesem Jahr bereits drei Minister ausgetauscht.
Unsere öffentlich-rechtlichen Meinungsmacher rätselraten, ob das nun ein Zeichen für Xi Jinpings Stärke oder für seine Schwäche sei.
Im Land des Führerprinzips hat man keinen Begriff für die kollektive Führung im chinesischen Sozialismus.
Die Schreiberlinge können nicht anders; sie müssen personalisieren.
Da wird orakelt, dass sich die Annahme verhärtet (sic!), dass der gefeuerte Außenminister Qin, als Botschafter in den USA »eine außereheliche Beziehung hatte, aus der ein Kind hervorging.« Beim ehemaligen Verteidigungsminister Li soll Korruption im Spiel gewesen sein.
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Annalena Baerbock unsere oberste Diplomatin hat den chinesischen Staatspräsidenten Xi Jinping ganz undiplomatisch einen Diktator genannt.
Dass China von einem kollektiven Gremium, dem ZK der KP Chinas, geführt wird, hat sich entweder zu ihr noch nicht herumgesprochen oder es stört sie bei der Verkündung einfacher Wahrheiten im Stil der AfD.
Zu ihrer Verteidigung sei jedoch gesagt, dass sie einer deutschen Tradition folgt und sie lediglich auf die Spitze treibt.
Wenn ein hochrangiger Politiker oder eine hochrangige Politikerin aus Deutschland nach China fährt, verlangen Medien und politischer Gegner von ihm oder ihr, die ›Menschenrechtssituation‹ in China anzusprechen.
Der Gast soll also bei seinem Besuch den Gastgeber vor allem für dessen Innenpolitik kritisieren.
Die Reaktion Chinas ist immer die gleiche: Das Land verbittet sich jede Einmischung in seine inneren Angelegenheiten.
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Vor knapp drei Jahren habe ich im Sudelbuch das erste Mal Texte von Xi Jinping besprochen.
Der Anlass war eine unterirdische Kritik des Buches »Chinesische Weisheiten in Xi Jinpings Reden« in der NZZ.
Seitdem musste ich mich immer wieder über die holzschnittartige Berichterstattung in deutschen Medien ärgern, die scheinbar nur noch eine Agenda verfolgt: China und Präsident Xi Jinping zu dämonisieren.
Während der Corona-Pandemie wies ich in dem Artikel Zeitenwende darauf hin, dass diese ideologische Verblendung des Westens nicht nur dumm, sondern auch gefährlich ist.
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Die Linke muss zurück an die ökonomische Basis!
Soziale Bewegungen aus dem linksliberalen Spektrum, im Folgenden heuristisch als die Linke bezeichnet, traten im 20. Jahrhundert die Nachfolge protestantischer Sekten an.
Wie früher den religiösen Sektierern ist heute bürgerlichen Idealisten ein gutes Gewissen wichtiger als politische Macht.
Die Verachtung weltlicher Macht hat im Christentum eine lange Tradition, die sich auf den Religionsstifter selbst berufen kann.
Wenn aber die materialistische Linke, die ursprünglich sogar mit revolutionärer Gewalt an die Macht drängte, diese zu verachten scheint, muss man besorgt sein.
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Bei der Genossenschaft, die das ›Neue Deutschland‹ herausgibt (den ursprünglichen Namen versteckt man schamhaft hinter der Abkürzung ›nd‹) hat sich überraschend ein hoher Fehlbetrag ergeben.
»Aufsichtsrat und Vorstand der nd.Genossenschaft erfuhren nach eigenen Angaben erst drei Tage vorher [gemeint ist eine Betriebsversammlung vor der Generalversammlung], dass sich das Defizit von den geplanten 300 000 auf über 600 000 Euro vergrößert hat. Im Zuge des Übergangs von der nd-GmbH zur Genossenschaft vor anderthalb Jahren war die Buchhaltung ausgelagert worden. Das machte die Arbeit nicht einfacher; jetzt seien Buchungsfehler entdeckt worden.«
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Am 12. Oktober 1999 gebar eine 29jährige Bosnierin kurz nach Mitternacht in Sarajewo Adam, den 6000000000sten Erdenbürger.
Die Wissenschaft hatte dies bereits in den 70er Jahren vorausgesehen.
Die große Studie GLOBAL 2000, die der einzige US-Präsident in Auftrag gegeben hatte, der sich um die Zukunft der Menschheit und nicht um seine Wiederwahl sorgte, hatte geschätzt, dass die Weltbevölkerung im Jahr 2000 auf 6,35 Mrd. angewachsen sein würde.
Die Prognose war also überraschend exakt.
Hätte China nicht als einzige Nation aus dem Bericht eine Lehre gezogen und die Ein-Kind-Politik eingeführt, wären noch einmal einige Hundert Millionen Menschen oben drauf gekommen.
Die Studie hatte prognostiziert, dass die chinesische Bevölkerung im Jahr 2000 auf 1,329 Mrd. Menschen angewachsen sein würde; tatsächlich wurde diese Zahl erst acht Jahre später erreicht.
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Das ökonomische System der Bundesrepublik Deutschland und anderer westlicher Demokratien hat sich in den letzten 40 Jahren als stabil gegen jede Form des politischen Aktivismus von links erwiesen.
Dagegen konnten rechtsradikale Bewegungen bedeutende politische Erfolge verzeichnen.
Den vorerst größten Sieg feierte der rechtsradikale Aktivismus, als durch die Wahl Donald Trumps zum Präsidenten ein rechtsradikaler Populist die politische Macht in den USA eroberte.
Der linke sowie der klima- und umweltpolitische Aktivismus geht dagegen seit Jahrzehnten unbeirrt seinen Weg von Niederlage zu Niederlage.
Ob linke Identitätspolitik eine Reaktion auf die frustrierende Geschichte des linken Aktivismus ist oder seine Ursache, wie die Soziologin Sandra Kostner und die Politikerin Sarah Wagenknecht behaupten, ist eine Frage, die hier nicht entschieden werden soll.
Offensichtlich ist, dass die linke Identitätspolitik der erdrückenden, neoliberalen Hegemonie in ökonomischen Fragen ausweicht und statt materialistischer Ansätze kulturelle Argumentationslinien verfolgt und sich damit in das Feld des rechten Populismus, der ebenfalls auf kultureller Ebene argumentiert, begibt.
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Unter dem Motto »Auf die Plätze! Endlich! Los!« veranstalten 46 deutsche Theater und Theaterfestivals zusammen mit freien Ensembles und Theaterschaffenden seit dem 1. Mai einen Staffellauf fürs Klima.
Diese tolle Aktion erinnert mich an die Staffelläufe in meiner Schulzeit, mit denen wir unsere Klassenfahrten finanzierten.
Für jede Runde, die ihr Kind um den Sportplatz lief, zahlten die Eltern eine Mark in die Klassenkasse.
Diese schöne sportliche Tradition wurde, wie ich bei meinen Söhnen erfahren durfte, bis in das Zeitalter des Euros fortgeführt.
Die wohlhabenderen Eltern mieten heute für ihre Zöglinge sogar rechtzeitig vorher einen Personal-Trainer, damit ihre Kinder in Form kommen und sie ihre soziale Ader richtig ausleben können.
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Den Erlöser zu malen, gelingt nicht auf Anhieb.
Selbst die besten Ikonenmaler rangen Jahre lang in der Zurückgezogenheit ihrer Klöster mit sich und der Farbe, bis sie das Antlitz des Erlösers endlich auf Holz bannen konnten.
Die Konvention sollte ihnen helfen, Heiliges zu schaffen.
Die Befolgung strenger Regeln versprach Erfolg.
Eine lautete, sich in die Erlösungsgeschichte zu versenken, das Malen als Gebet aufzufassen.
Und so malten die Mönche den Erlöser als Meditation und in Serie.
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Wenn man die Fähigkeit eines Gemeinwesens, existenzielle Krise zu meistern, als Maßstab nimmt, hat die Volksrepublik China seine Überlegenheit gegenüber den westlichen Idiotien in den letzten zwei Jahren eindrucksvoll unter Beweis gestellt.
Während der Corona-Virus sich auch zwei Jahre nach dem Ausbruch in aller Welt ungehindert austoben kann, obwohl bereits mehrere wirksame Impfstoffe zur Verfügung stehen, hatte China das Virus nach drei Monaten unter Kontrolle.
Bis dahin starben 4.849 Menschen an Covid-19 in der Volksrepublik China.
Das sind 3 Tote pro eine Millionen Einwohner.
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»Aus der Zeit gerissen« – den Titel der Ausstellung im Wuppertaler VonderHeydt-Museum verstand ich zunächst falsch, denn ich bezog ihn auf Joseph Beuys und seine seltsam schamanisch anmutenden Fluxus-Happenings.
Der Katalog klärte und vertiefte das Missverständnis.
Denn laut des Klappentextes meint der Titel die Fähigkeit der Photographie, Momente aus dem Fluss der Zeit zu reißen, womit sie ihnen und der Beuys’schen Kunst erst ihre eigentliche Wirkung verleihen.
Die Fotos von Ute Klophaus, so heißt es, »vermitteln zugleich die besondere Ausstrahlung, Intensität und Energie des Akteurs der Handlung.« Der Fluxus-Künstler und Ästhetik-Professor Bazon Brock akzentuiert die Rolle der Photographie in seinem Beitrag über Ute Klophaus im Katalog der Ausstellung.
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Wer Werke von zwei gegensätzlichen, fast antipodischen Bildhauern sehen möchte, muss in den Skulpturenpark Waldfrieden nach Wuppertal fahren.
Dort treffen die Skulpturen von Heinz Mack auf die des achtzehn Jahre jüngeren Tony Cragg.
Von den vielen Gegensätzen sei nur einer erwähnt, der nicht sofort ins Auge fällt.
Während Tony Cragg mit großer Virtuosität die Symmetrie vermeidet, ist sie bei Mack ein nahezu unvermitteltes, fast naives Stilmittel.
Im Pavillon ganz oben, knapp unterhalb des Bergrückens, den der Park fast erreicht, sind Marmorplastiken von Mack ausgestellt.
Von diesen geometrisch bearbeiteten Marmorblöcken sind einige glatt poliert und haben geschlossene Oberflächen.
Die meisten Blöcke weisen aber Bearbeitungsspuren auf, die Form verläuft sich in vorbearbeitetes Material, dessen Makel als ästhetische Elemente ausgestellt werden.
Mack lässt uns spüren, dass die wunderbare Struktur des Marmors, diese in Millionen Jahren gewachsene und in ebenso vielen Jahren versteinerte Lebensschicht eines vorzeitlichen Meeres, erst durch die Bearbeitung des Menschen zum Vorschein kommt.
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Niemand lässt ein gutes Haar an den bärtigen Männern in Kabul.
Dabei haben die Taliban den ausländischen Besatzern, am Ende sehr viel schneller, als diese es erwartet hatten, die Tür gezeigt, durch die sie verschwinden sollten.
Dieser Sieg ist wenigstens aus unbefangen historischer Sicht eine kleine Anerkennung wert.
Fast 20 lange Jahre haben sich die Taliban gegen eine technisch weit überlegende Militärmacht aufgelehnt und diese schließlich in die Knie gezwungen.
Die USA, die aus purer Rachsucht, das Volk am Hindukush überfallen hatten, mussten wie geprügelte Hunde abziehen und mit ihnen ihre Verbündeten.
Fast 20 Jahre lang hatten sie an den Afghanen Vergeltung geübt für das ikonische 9/11; in einer Weise, die jedes alttestamentarische Maß überstieg.
Nicht Auge um Auge und Zahn um Zahn, sondern 50 afghanische Augen für ein amerikanisches: so groß war ihr Zorn.
150.000 Afghanen mussten sterben, bis der Blutdurst der Amerikaner gestillt war, der heute vor 20 Jahren durch 3000 Tote geweckt wurde, die das World Trade Center unter sich begrub.
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Die Guillotine trennt nicht nur den Kopf vom Rumpf, sondern auch die Zukunft von der Vergangenheit.
So verlor Ludwig XVI 1793 unter der Guillotine nicht nur Kopf und Leben.
Durch den sauberen Schnitt wurde auch die absolute Monarchie für immer in der Vergangenheit zurückgelassen.
Wie tief der Schnitt ging, unterstreicht der Staatsstreich, mit dem wenige Jahre später ein durchgeknallter General von fragwürdiger Geburt mitten in Europa die erste moderne Militärdiktatur der neueren Geschichte errichtete.
Dutzende sollten folgen.
In Europa wehrte sich zwar die legalistische Restauration noch einige Jahre gegen die Republik und die Militärdiktatur als moderne Staatsformen, aber die Idee wurde sehr erfolgreich exportiert, zum Beispiel nach Lateinamerika, wo sie bis heute nicht ganz Vergangenheit ist.
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Es muss für den CDU-Mann Armin Laschet eine späte Genugtuung gewesen sein, als er die Schirmherrschaft für eine Ausstellung übernahm, die Joseph Beuys mit einer des Anlasses würdigen kultischen Verehrung kastriert.
Immerhin hat sich Laschets CDU in Kassel bis auf die Knochen blamiert, als sie gemeinsam mit der FDP keine Gelegenheit ausließ, um mit kleinbürgerlicher Verbissenheit gegen die soziale Plastik 7000 Eichen. Stadtverwaldung statt Stadtverwaltung Front zu machen.
Wenn es das Ziel war, den Erweiterten Kunstbegriff von Beuys zu neutralisieren und als affirmative Fußnote in das neoliberale Globalisierungsnarrativ zu integrieren, dann ist die Düsseldorfer Ausstellung »Jeder Mensch ist ein Künstler. Kosmopolitische Übungen mit Joseph Beuys« sicher ein voller Erfolg.
Die Ausstellung bedient sich einer diskursiven Strategie, die im Neoliberalismus seit Jahren erfolgreich angewendet wird, um sozioökonomische Veränderungen zu verhindern.
Im Begleitheft zur Ausstellung lesen wir in der Einführung:
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Ich soll also eine Partei wählen, denen die Frauenquote wichtiger ist als die Chance, an die Macht zu kommen?
Eine Partei, die den Lindner macht?
Besser nicht regieren, als mit Mann regieren?
Ist das euer Ernst?
Ich soll eine Partei wählen, die eine Frau zur Kanzlerkandidatin macht, von der ihre Bewunderer nichts besseres zu sagen wissen, als dass sie eine gute Netzwerkerin sei?
Netzwerken – das ist das Golfspielen der Generation Praktikum, die Hinterzimmerpolitik der Credit-Point-Sammler, der Kölsche Klüngel der prekären Ich-AGs!
Sind das die Qualitäten, die eine Kanzlerin braucht, um das Umkippen des Klimas, so weit es überhaupt noch geht, zu verhindern?
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»Wenn ich jetzt da reingucke, finde ich garantiert den Fehler«, sagte mein ehemaliger Chef immer, wenn aus der Druckerei die Belegexemplare einer Broschüre eintrafen, die wir in unserer Agentur erstellt hatten.
Obwohl er selbst, seine Sekretärin mit den Argusaugen und meine Wenigkeit alle Texte mehrmals Korrektur gelesen hatten, wollte es der Zufall, dass mein Chef beim ersten Blättern in den gedruckten Exemplaren mit schlafwandlerischer Sicherheit den einzigen Fehler fand, den wir alle übersehen hatten.
Ich fühlte mich in dieser Agentur sehr wohl und mochte meinen Chef.
In dem, was viele Menschen Pingeligkeit nennen würden, erkannte ich die aufrichtige Achtung der Sprache und des Lesers.
Wir hatten das gleiche ausgeprägte Sprachgefühl und schämten uns, wenn wir ein fehlendes Komma zu spät entdeckt hatten.
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Kürzlich entdeckte ich die RSS-Feeds des Robert-Koch-Instituts, von denen ich einige sofort abonnierte.
Bei der Lektüre der Corona-Lagebilder und der Epidemologischen Bulletins des RKI wurde mir eine Metainformation bewusst, die im öffentlichen Diskurs – sowohl in den klassischen als auch in den sozialen Medien – komplett ausgeblendet wird.
Leider vermag ich nicht mehr anzugeben, wo genau ich auf diese Information stieß.
Vermutlich habe ich sie aus verschiedenen Formulierungen des RKI synthetisiert.
Und zwar geht es dabei um die allgemeinen, internen und oftmals nicht explizierten Richtlinien einer Organisation.
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Die Skandalisierung einer Person oder einer Sache beendet in der Regel das Nachdenken über Person und Sache, bevor es begonnen hat.
Glücklicherweise ist dies im Falle des Philosophen Martin Heidegger anders.
Zu seinem Fall hat nicht nur die historische Forschung einiges zusammengetragen, mit Adornos Schrift ›Jargon der Eigentlichkeit‹ haben wir auch eine erhellende Sprachkritik zur Hand, um gegen einige Besonderheiten des Heideggerschen Denkens wie gegen einen tödlichen Virus quasi geimpft zu sein.
In der Sammlung ›Holzwege‹ finden sich sechs Aufsätze, die Heidegger während der nationalsozialistischen Diktatur in Deutschland schrieb.
Es ist schwer, sie angesichts der Zeit, in der sie entstanden sind, nicht als eskapistisch zu bezeichnen.
Während Horkheimer und Adorno im amerikanischen Exil die ›Dialektik der Aufklärung‹ verfassen, beschäftigt sich Heidegger mit dem Ursprung der Kunst, mit Hegels Begriff der Erfahrung, mit dem Dichter Hölderlin, mit einem vorsokratischen Philosophen aus dem siebten Jahrhundert vor Christus und mit Nietzsche.
Mitten unter diesen heute seltsam anmutenden Werken zeichnet er mit dem Aufsatz ›Die Zeit des Weltbildes‹ aber auch die Blaupause für ›Die Ordnung der Dinge‹ des französischen Philosophen Michel Foucault.
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Der erste Weltkrieg war nach der langen Friedenszeit der Belle Époque eine universale Zeitenwende, wie es sie seit der Französischen Revolution nicht mehr gegeben hatte.
Vier Jahre Krieg genügten, um den USA als neuer Großmacht die Weltbühne zu bereiten, von deren Brettern die alten europäischen Imperialmächte eine nach der anderen abtreten mussten.
Der Krieg fegte gottgewollte Monarchien hinweg und spaltete mit der Oktoberrevolution die Welt für Jahrzehnte in Ost und West.
Historiker haben die Stahlgewitter des Weltkriegs als Ur-Katastrophe bezeichnet, die ein traumatisches 20. Jahrhundert einläutete.
In Verdun begannen die Materialschlachten, die in Hiroshima und Nagasaki ihren Höhepunkt erreichten, um dann ein Viertel Jahrhundert später in Vietnam bereits ins Leere zu laufen.
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Die Corona-Pandemie könnte eine ähnlich fatale Wirkung entfalten wie die Weltwirtschaftskrise von 1929, die die Demokratie in Deutschland wie ein Kartenhaus zusammenstürzen ließ.
Wie damals liegen die Ursachen tiefer.
Der Börsencrash von 1929 und der Corona-Virus des Jahres 2020 stießen bloß nieder, was ohnehin fallen wollte.
Die neoliberale Sklerose wuchert überall.
Der Neoliberalismus, der die westlichen Gesellschaften seit vier Jahrzehnten beherrscht, hat die staatlichen Strukturen zerfressen.
Der postmoderne Lebensstil des Anything-goes, das kulturindustrielle Pendant zum Neoliberalismus hat soziale Strukturen atomisiert und hedonistisch-neurotische Individuen zurückgelassen.
Die fehlenden staatlichen Strukturen gehen mit einer politischen und persönlichen Verantwortungsdiffusion einher.
Aufgrund der abnehmenden Eingriffsmöglichkeiten des Staates können sich politische Entscheidungsträger regelmäßig aus der Verantwortung stehlen, wenn etwas schief geht.
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Ich rezensiere keine Bücher.
Goethe hat in einem seiner Gedichte alles gesagt, was man über Rezensenten wissen muss.
Und das war nicht sehr freundlich.
Vor einigen Tagen hat mich aber eine Buchkritik dermaßen erbost, dass ich sogleich den Verlag des verrissenen Buches anschrieb, um ein Rezensionsexemplar für eine Gegenkritik zu erbitten.
Wenn dies hier also eins der von Goethe so verhassten hündischen Machwerke ist, beschäftigt sich mindestens die Hälfte dieser Rezension mit jener Rezension.
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Der postmoderne Mensch ist unfähig, sich als Teil eines Ganzen zu sehen.
Er ist sich selbst das Ganze, dem die Teile der übrigen Welt, der ganze Rest, zu Diensten sein sollen.
Dieser soziale Singularismus findet seine unverschleierte Verkörperung im amerikanischen Präsidenten, der ein kollektives Ereignis wie den Klimawandel oder die Covid19-Pandemie leugnen muss, um mit seinem rücksichtslos individualistisches Weltbild nicht in Widersprüche zu geraten, die selbst ein blondiertes Toupet nicht mehr leugnen könnte.
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Das Rationale am Mythos ist die Art wie er das Inkommensurable und Nicht-Identische dem begrifflichen Zugriff des Menschen anpasst.
Er belässt es nicht dabei, der kontingenten Naturgewalt ihre Geheimnisse zu entreißen.
In seinem Kern geht es vor allem darum, menschliche Gemeinheit und Niedertracht zu rechtfertigen.
Dies erhellen die Episoden der Odyssee, von denen Horkheimer und Adorno einige in der ›Dialektik der Aufklärung‹ analysieren.
In einer Episode des Epos verschlägt es die Söhne Ithakas an die Küste der Kyklopen, wo Odysseus die fehlende Triebsteuerung des Kyklopen Polyphem ausnutzt, um diesen mit den Ko-Tropfen des Dionysos wehrlos zu machen und gemeinsam mit seine Gefährten zu blenden.
Und als sei diese Gewalttat nicht Gemeinheit genug, so verhöhnt Odysseus das Opfer auch noch nach gelungener Flucht aus sicherer Entfernung.
Gerechtfertigt wird die Gewalt, die Polyphem erleidet, durch sein fremdartiges Verhalten.
Er missachtet das heilige Gastrecht und betrachtet Odysseus und seine Gefährten als willkommene Abwechslung seines einfachen Speiseplans.
Der Mythos zeichnet ihn nach dem Vorbild eines Hirten, der unter seinen Schafen ein paar leckere Wachteln entdeckt, mit gezielten Steinwürfen tötet und sich schmecken lässt.
Das Märchen spiegelt keineswegs die Angst vor einer Urgewalt der Natur wider.
Es kritisiert vielmehr den gewaltsamen Zugriff des Menschen auf alle Ressourcen, denen er habhaft werden kann.
Und zu diesen Ressourcen gehören letztlich auch die Menschen, die sich in Herren und Knechte teilen.
Die Entscheidung, ob man Herr oder Knecht ist, fällt nicht das kontingente Schicksal allein.
Sie ist durch Rationalität beeinflussbar.
Die körperliche Überlegenheit des tölpelhaften Hirten reicht nicht aus, um die gerissenen Städter zu versklaven.
Sie bemächtigen sich des Riesen, verstümmeln ihn und verhöhnen schließlich das Opfer.
Dass diese Tat die Strafe Poseidons nach sich zieht, die zehnjährige Irrfahrt, dient dem Anführer der Banditen aus Ithaka, so erscheint es im Fortgang des Epos bloß dazu, seine List und Verschlagenheit an weiteren Opfern zu üben.
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Auf Telepolis huldigt Magdalena Frey der Masse, die wild denke in Verschwörungstheorien, die im Volk vor sich hinwuchern.
Der Mob als schöner Wilde, der vor sich hin bastelt, wie Lévi-Strauss in seinem wilden Denken schrieb?
Das ist eine steile These.
»Die Masse bastelt zwar, sie stümpert nur aus Abfällen. Aber die Masse denkt!« ruft sie emphatisch aus, und vergisst dabei, dass das, was sie als quasi basisdemokratisches, wildes Denken verherrlicht, längst zu einer Manipulationstechnik geworden ist, die professionell angewendet wurde, um Großbritannien aus der EU und Trump ins Weiße Haus zu bringen.
Oder denke ich hier wild und verschwörungstheoretisch, wenn ich flüsternd den Begriff Cambridge Analytica fallenlasse?
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In der alten Bundesrepublik gehörte es zur ideologischen Grundausbildung, das militärische Glaubensbekenntnis herunterbeten zu können.
Dieser weltliche Katechismus bläute uns ein, dass die allgemeine Wehrpflicht und der Bürger in Uniform den berüchtigten Staat im Staate verhindere, der zwei Weltkriege vom Zaun gebrochen hatte und für Millionen Tote verantwortlich war.
Ein Slogan kann noch so dämlich sein, oft genug wiederholt, bleibt immer etwas hängen; und so regte sich 2010 tatsächlich hier und da leiser Protest gegen die Aussetzung der Wehrpflicht durch Deutschlands obersten Plagiator, Karl-Theodor zu Guttenberg.
Doch das republikanische Glaubensbekenntnis wurde schließlich doch ohne großen Zapfenstreich kassiert; so schnell und leise wie zehn Jahre zuvor die Reste des bundesdeutschen Sozialstaats.
Die Bundeswehr, gegen die Generationen von Antimilitaristen zu Felde zogen, bekam vom Neoliberalismus den Dolchstoß versetzt und sollte zukünftig als schlanke Eingreiftruppe deutsche Interessen in aller Welt verteidigen.
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Neun Tage nachdem die Befreiung des NS-Vernichtungslagers Auschwitz sich zum fünfundsiebzigsten Mal jährte, ließen die bürgerlichen Parteien in Deutschland die Maske fallen und paktierten mit denen, die das Denkmal für die ermordeten Juden Europas in Berlin als ein Mahnmal der Schande bezeichnen.
Der Handschlag zwischen Höcke und Kemmerich im Thüringer Landtag besiegelte den Pakt zwischen den Bürgerlichen und den Faschisten.
Wer Augen im Kopf hat, konnte dies kommen sehen, denn Kemmerich hat seine Gesinnung im Wahlkampf nicht einmal verborgen.
Auf Plakaten warb er mit seinem nackten Schädel und dem Spruch: »Endlich eine Glatze, die in Geschichte aufgepasst hat«.
So platt und offen wurde selten ein Kassiber verschickt.
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Die Soziale Plastik ist kein Begriff der ästhetischen Theorie, sondern der ökonomischen Praxis.
Diese ist geprägt von einer Vereinzelung des Einzelnen durch den Kapitalismus in neoliberaler Ausprägung, indem er das Subjekt zum Entrepreneur seiner selbst stilisiert und damit zu einer ökonomischen Ressource erniedrigt, deren Wert sich an ihrer Ausbeutbarkeit bestimmt.
Die Freiheit des Subjekts im Kapitalismus ist eine falsche Freiheit; es ist die Freiheit des Konsums, der den unaufhörlich produzierten Warenstrom neutralisieren muss, damit die Illusion aufrecht erhalten bleibt, dass für Bedürfnisse produziert werde.
Das Subjekt erhält seinen gesellschaftlichen Wert aus zwei Quellen, dem des Konsums – wer mehr konsumiert, ist mehr wert – und dem Grad seiner Ausbeutbarkeit als Entrepreneur seiner selbst.
In beiden Verhältnissen, dem des Konsums und dem der Arbeit, wird der Wert des Subjekts in einem Preis bestimmt, wobei sich die Summen bekanntlich nicht gegenseitig aufheben.
Je effizienter aber der Einzelne sich in den ökonomischen Ausbeutungsprozess einfügt, um so besser sind seine Chancen, einen größeren Teil seiner Wertschöpfung zurückzuerhalten.
Dies gilt selbstverständlich nur dann, wenn er einerseits eine knappe und andererseits eine besonders wertschöpfende Ressource darstellt.
Die neoliberale Propaganda bezeichnet diese Art von Ressourcen als Leistungsträger.
Sie waren auch die ersten, die vom Neoliberalismus marginalisiert wurden, ohne dass ihnen das bewusst wurde.
Sie glaubten sich noch in der Mittelschicht zu befinden, während sie doch längst schon in prekären Verhältnissen lebten.
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Putin ist gestern seinem großen Ziel, der Zerschlagung einer konkurrierenden, politischen und wirtschaftlichen Macht an seiner Westfront ein großes Stück nähergekommen.
Vielleicht geht der Schuss für ihn aber auch nach hinten los, denn Europa bekommt, wenn der ewige Nörgler und Bremser Großbritannien die EU endlich verlässt, die große und vielleicht die letzte Chance zu grundlegenden Reformen.
Doch bis das entschieden ist, kann sich Putin über diesen Coup freuen.
2019 ist das Jahr des russischen Autokraten.
Nachdem er die Türkei mit seiner Syrienpolitik faktisch aus der Nato herausgebrochen hat, kann er nun dem Zerfall der EU in aller Ruhe zuschauen, um dann in ein paar Jahren die abtrünnigen Republiken im Westen der ehemaigen Sowjetunion ohne Gegenwehr wieder einzusammeln.
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Die Rede vom schlanken Staat verschleiert die Funktion, die er im Kapitalismus hat.
Die neoliberale Propaganda, die uns die Ideologie des schlanken Staats einbläuen will, ist nämlich in erster Linie Propaganda und nicht Propagierung eines ideologischen Standpunkts.
Das Kapital bedient sich des Staates vielmehr als eines beliebig einsetzbaren Werkzeugs zur Durchsetzung der eigenen Interessen.
Der Einsatz dieses Werkzeugs muss dabei nicht immer offen gewaltsam sein, wie bei der paramilitärischen Niederschlagung eines politischen Streiks oder der Ermordung von Umweltschützern und Vertretern indigener Interessen.
Strukturelle Gewalt ohne Tote ist effizienter und desavouiert die Rolle des Staates sehr viel weniger als direkte Gewalt, die jedoch in letzter Konsequenz niemals gescheut wird, wenn etwa Waldbesetzer einem bestens geölten Geschäftsmodell, wie der Verstromung von Braunkohle, Sand ins Getriebe schütten, oder wenn es darum geht, volkswirtschaftlich ruinöse, aber privatwirtschaftlich höchst rentierliche Vorhaben wie den Bau von Atomkraftwerken oder unterirdischen Bahnhöfen durchzusetzen.
Meistens wird der Staat dabei spiegelbildlich zur ritualisierten Form des Protests in wohldosierten Gewaltinszenierungen in Stellung gebracht.
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Walter Benjamin schreibt im Passagenwerk (E°,33):
»1863 publiziert Jacques Fabien ›Paris en songe‹. Er entwickelt darin wie Elektrizität durch die Überfülle von Licht vielfache Erblindung, durch das Tempo des Nachrichtendienstes Irrsinn hervorruft.«
Die affirmative Fortschrittserzählung hat eine eigene Schublade für solche fortschrittskritischen Äußerungen aus der Zeit der Industrialisierung.
Es ist die Schublade der schrulligen Verlierer, die ohne Zweifel von der Geschichte widerlegt wurden. Und wenn sich kein borniertes Zitat eines hoffnungslos Abgehängten finden lässt, erfinden die Apologeten des Fortschritts auch gerne selbst eins.
Unter die erfundenen Zitate muss man wohl die Warnung des bayrischen Obermedizinalkollegiums aus dem Jahr 1835 einsortieren, die besagte, dass Bahnfahrten mit mehr als 30 km/h unweigerlich eine schwere Gehirnerkrankung auslösen würden.
Ein Bahnhistoriker konnte jedenfalls nicht einmal ein Obermedizinalkollegium in Bayern um 1835 ausmachen.
So lesen wir es auf der glaubwürdigen Seite von ehemaligen Mobilfunkgegnern, die sich vom Saulus des Elektrosmogs zum Paulus der Mobilfunkunternehmen wandelten.
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Es ist kaum möglich, die Tatsache zu ignorieren, dass vor 50 Jahren ein amerikanischer Soldat erstmals den Mond betrat.
Allerdings kann auch niemand die Ernüchterung übersehen, mit der man gerade überall diesen großen Schritt für die Menschheit feiert, der alles andere als das war.
Die Mondlandung hat die Menschheit nicht nach vorne, sondern auf Abwege gebracht.
Apollo 11 hat meiner Generation Flausen in den Kopf gesetzt.
Ich war sechs als die Welt vor den Fernsehgeräten das größte Abenteuer der Menschheit miterlebte.
Und wie alle aus meiner Generation habe ich lange Zeit geglaubt, dass es nun so weitergehen würde.
In zehn Jahren würden wir auf dem Mars landen und spätestens in 100 Jahren das Sonnensystem verlassen und in Galaxien vordringen, die nie ein Mensch zuvor gesehen hat.
Die Hoffnungen, die die Mondlandung geweckt hatte, sind alle enttäuscht worden.
Der unstillbare Drang, sich auszubreiten, der die Europäer in der Renaissance erfasst hatte, stieß auf eine unüberwindliche Grenze.
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